Anläufen nach einem geeigneten Kandidaten gesucht hatte, durch Ausschluß von
potentiellen Anhängern ihrer Oppositionsgruppe gegen die Staufer beim
Wahlverfahren ihre Chancen verringern? Somit können wir nach Abwägung der
einzelnen Argumente feststellen, daß Albert II. den aktiven Wählern Ottos IV.
zuzurechnen ist, also seine Beteiligung am Andemacher Fürstentag Ende März
1198 feststeht.
Unmittelbar nach der Andemacher Versammlung wurden die beiden Grafen,
Friedrich Emich von Leiningen926 und Albert II. von Dagsburg, als Abgesandte zu
Otto von Poitou geschickt, um diesem die Krone anzutragen und ihn abzuholen927.
Ob das geographische Ziel ihrer Reise wirklich England gewesen ist, wie es uns
Burchard von Ursberg berichtet928, ist in der Forschung nicht so recht akzeptiert
worden929, da sich Otto angeblich am 3. April 1198 noch in Aquitanien aufgehalten
hat930 und am 17. Mai schon im Reich nachzuweisen ist?31. Jedoch wäre es im
Bereich des Möglichen, daß sich Otto von Sankt Blasien bei seiner geographischen
Angabe auch einfach geirrt hat. Es könnte sich durchaus so verhalten haben, daß die
beiden Grafen, in der Annahme, Otto halte sich in England auf, zuerst dorthin
gereist sind, dort erfahren haben, daß Otto sich in Aquitanien befände und sich dann
wieder zurück auf den Kontinent begeben haben, um Otto in Aquitanien
aufzusuchen. Ein solcher Umweg sollte uns, bei den damaligen Möglichkeiten der
Nachrichtenübermittlung, nicht allzu abwegig Vorkommen. Bernd-Ulrich Hücker
führt indes noch eine Notiz aus den Piperolls des ersten Jahres von König Johann
an, in der Regelungen über den Transport und die Bewachung des Schatzes
getroffen werden, die der rex - gemeint kann damit nur König Richard I. sein932 -
von Kent aus durch Grafen dem König Otto überbringen ließ933. Hücker stellt die
926 Zu Friedrich Emich von Leiningen siehe I. Toussaint, Die Grafen von Leiningen.
Studien zur leiningischen Genealogie und Territorialgeschichte bis zur Teilung von
1317/18, Sigmaringen 1982, S. 37-39 u. 99-105.
927 Die Chronik des Propstes Burchard von Ursberg, MGH Script, rer. Germ., ed. O.
Holder-Egger, 2. Aufl., Hannover u. Leipzig 1916, S. 81: Iam tune Colonienses et
Argentinenses cum episcopis suis et alii quidam iniqui cogitaverunt et machinati sunt
nequitam miseruntque nuntios suos, Albertum videlicet de Tagisburc et de Liningen
comites, in Angliam, ut inde advocarent et adducerent Ottonem, Ottonis de Sancto
Blasio Chronica, cap. 46, S. 73, nennt lediglich den Leininger Grafen als Abgesandten;
das Argument von Winkelmann, Philipp von Schwaben und Otto IV., 1. Bd., S. 74,
Anm. 3, daß Albert II. an der Reise nicht teilgenommen habe, weil er sich zu dieser Zeit
gerade in Fehde gegen Philipp von Schwaben befand, erweist sich nicht als stichhaltig,
da der Feldzug Philipps von Schwaben ins Elsaß erst im Herbst 1198 stattfand. Siehe
dazu unten, S. 307.
928 Siehe Anm. 927.
929 So bei Hücker, Otto IV., S. 36 f. mit Anm. 54.
930 Ahlers, Welfen, S. 184, Anm. 945
931 Reineri annales, MGH SS XVI, ad 1198, S. 654.
932 Siehe Hücker, Otto IV., S. 36; vgi. auch Ahlers, Welfen, S. 190 mit Anm. 991, der
offenläßt, ob der veranlassende König Richard oder John gewesen ist; vgl. auch ebda.,
S. 199.
933 The Great Roll of the Pipe for the First Year of the Reign of King John Michaelmas
1199 (Pipe Roll 45), ed. by D. M. Stenton, unv., Ndr d. Ausg. London 1933, Nendeln
1968, S. 59 f.: Et in custamento passagii cum thesauro quem R. misit Otoni R.
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