Die niederrheinischc Opposition um Adolf von Altena hat schon bald nach
Bekanntwerden des Todes von Heinrich VI. erkennen lassen, daß sie gewillt war,
einen neuen König zu wählen und die einstige Wahl von Friedrich, dem Sohn Hein¬
richs VI., nicht anzuerkennen901. Gegen Ende des Jahres 1197 fand in Andernach
eine Versammlung der oppositionellen Gruppe statt902. Ob Albert II. teilgenommen
hat, läßt sich nicht sagen, da die Quellen darüber schweigen. Ein erster Kandidat
der niederrheinischen Partei war Herzog Bernhard von Anhalt903. Als sehr schnell
klar wurde, daß englische und welfische Interessen dabei eine nicht zu
unterschätzende Rolle spielen sollten, hat Herzog Bernhard die drohende Gefahr
welfischer Restitutionswünsche in bezug auf sein Herzogtum erkannt, seine
Kandidatur zurückgezogen und einen Wechsel zur staufischen Partei um Philipp
von Schwaben vollzogen904. Von englischer Seite war Pfalzgraf Heinrich, der
älteste Sohn Heinrichs des Löwen, ins Spiel gebracht worden, der jedoch nicht zur
Verfügung stand, da er sich noch auf dem Kreuzzug befand905. Adolf von Altena
und die Oppositionsgruppe mußten erneut einen Kandidaten suchen. Die Wahl fiel
noch auf dem Andernacher Fürstentag auf den alten Staufergegner, Herzog
Berthold V. von Zähringen906.
Am 1. März des Jahres 1198 haben die Fürsten der niederrheinischen Opposition
um den Kölner Erzbischof Adolf von Altena in Köln Herzog Berthold V. von Zäh¬
ringen zum künftigen König bestimmt907. Zu den Personen, die den Wählerkreis
Herzog Bernhard von Anhalt (um 1140 bis 1212) und die frühen Askanier in Sachsen
und im Reich, Frankfurt am Main u. a. 1993. Die Darstellung der Rolle Alberts II. bei
der Königswahl 1198 durch Wegnez, Les comtes, S. 113-116, geschieht sehr
oberflächlich, ebenso die Darstellung der Kämpfe mit Philipp von Schwaben (ebda., S.
116 ff.).
901 Knipping, Regesten, 2. Bd., Nr. 1530.
902 Ebda., Nr. 1532.
903 Ebda
904 Siehe dazu Marcus, Bernhard von Anhalt, S. 153-160.
905 Siehe dazu ebda.
906 Knipping, Regesten, 2. Bd., Nr. 1532.
907 Anna!es Marbacenses, ad 1198, S. 72: Die igitur statuto Colonie convenientes inferiores
principespredictum ducem in regen elegerunt. In der Forschung ist man sich nicht einig,
ob es sich um eine förmliche Wahl Bertholds von Zähringen gehandelt hat. H. Mitteis,
Die deutsche Königswahl. Ihre Rechtsgrundlagen bis zur Goldenen Bulle, 6. unver.
reprogr. Ndr. d. 2. erw. Aufl. 1944, Darmstadt 1987, S. 116, stuft die Ereignisse um die
Wahl des Zähringers lediglich als „Vorverhandlungen" ein und will darin keine
förmliche Wahl Bertholds erkennen. Die Fürsten hätten ihm erst bei persönlichem
Erscheinen den „Vollzug der Kur ... zugesichert“. Auch bei Heyck, Herzoge von
Zähringen, S. 444-447, wird nicht von einer förmlichen Wahl gesprochen. Horst Kohl
dagegen meint, es sei „in Köln bereits eine Designation Bertholds V. erfolgt, sonst wäre
die Stellung von Geiseln nicht recht erklärlich“ (Die Chronik Ottos von St. Blasien,
übersetzt v. H. Kohl= GdV 58, 2. unveränd. Aufl., Berlin 1941, S. 77, Anm. 1).
Winkelmann, Philipp von Schwaben und Otto IV., 1. Bd., S. 71, spricht im
Zusammenhang mit den Kölner Ereignissen an einer Stelle von einer „künftigen Wahl“
Bertholds zu Andernach, an anderer Stelle aber von der in Köln bereits geschehenen
Wahl Bertholds (ebda, S. 501 f.). Stehkämper, Adolf von Altena, S. 56, formuliert, daß
Berthold V. sich „für eine Königskur bezeichnen“ ließ, das heißt, daß Stehkämper wohl
eine Art Designation annimmt. Auf das Problem der Geiselstellung durch Berthold geht
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