Full text: Studien zur Geschichte der Grafen von Dagsburg-Egisheim (31)

Zeitraum von 'um 850' bis 'ca, 900' als den ungefähren Lebensrahmen Eberhards I. 
bezeichnen. 
späten siebziger oder achtziger Jahre des 9. Jahrhunderts fallen Vgl, den Kommentar zu 
fol. 13r durch die Herausgeber des Liber memorialis von Remiremont, ebda., S. 184. Der 
erste Ungarnzug in das Gebiet der Burgundischen Pforte ist hingegen erst in das Jahr 917 
zu datieren. L. Besson, Mémoire historique sur l'abbaye et la ville de Lure, suivi d'une 
notice sur le prieuré de Saint-Antoine et les seigneuries de Lure et de passavant, 
Besançon 1846, S. 16, u. R. Lüttich, Ungarnzuge in Europa im zehnten Jahrhundert, 
Lubeck 1910 (unv. Ndr, Vaduz 1965), S. 75 ff., meinen, die Zerstörung von Luders sei 
bei dem Ungameinfall von 926 geschehen. Allerdings spricht einiges dafür, daß die in der 
Vita S. Deicoli erwähnte Zerstörung von Luders mit dem Ungameinfall in die Burgun- 
dische Pforte von 917 in Verbindung zu bringen ist. So neuerdings mit guten Gründen M. 
G. Kellner, Die Ungarneinfälle im Bild der Quellen bis 1150. Von der »Gens 
detestanda« zur »Gens ad fidem Christi conversa«, München 1997, S. 28 ff. Die Angaben 
Uber die Inbesitznahme der Abtei durch Eberhard widersprechen sich also innerhalb der 
Vita selbst. Es ergibt sich eine zeitliche Differenz von ungefähr 30 Jahren. Welcher 
Angabe der Vita ist der Vorzug zu geben? Es ist noch anzumerken, daß der Verfasser der 
Vita - aus welchen Gründen auch immer - nicht in strenger chronologischer Reihenfolge 
erzählt. Er ist sich jedoch dessen bewußt und rechtfertigt sich, indem er behauptet, er 
verfahre in seinem Bericht bewußt proleptisch und wende das Stilmittel der Anastrophe 
an: Sed quia adhuc supersunt nonnulli qui mirantur et scire gestiunt, qualiter locus sancti 
patris devenerit in iniquam manum Heberhardi comitis et filius eius, non piget 
qualitercumque veraci stilo prodere. Sed dum hoc nitor, videor temporibus praeposterum 
ordinem imponere, quem Greci anastrophçvocant, racioni autem et paginae quae 
subiacet praesumptionem velpraeoccupationem, quam Greciprolepsin nominant (Vita S. 
Deicoli, MGH SS XV,2, cap. 13, S. 678). Es ist leicht einzusehen, daß bei dieser 
Erzählweise eher chronologische Unstimmigkeiten auftreten können als bei einer Erzähl¬ 
weise, der ein strenges chronologisches Gerüst als Struktur zugrunde liegt. Möglich, daß 
dem Verfasser der Vita zwei verschiedene Vorlagen zur Verfügung standen, deren 
jeweilige Angaben er nicht in Einklang bringen konnte. In der Vita S. Deicoli wird 
weiterhin behauptet, Graf Eberhard habe die Abtei Luders über einen längeren Zeitraum 
hinweg besessen. So jedenfalls interpretiere ich die Stelle der Vita S. Deicoli, S. 677, in 
der es zur Herrschaft Eberhards I. über Luders heißt: Et quia non inventus est qui illi 
obstitisset, omni tempore quo post advixit manu tirannica contra fas retinuit. Zu dieser 
Aussage paßt in chronologischer Hinsicht viel besser die Angabe, Eberhard habe Lüders 
schon gegen Ende der siebziger oder achtziger Jahre von Waldrada geerbt, wenn man 
dazu noch bedenkt, daß von Eberhards Sohn, Hugo I behauptet wird, er habe Luders 
lange in seiner Hand gehalten: Eodem vero comité in tanta mentis obstinantia vita 
decedente, filius eius Hugo nomine, qui et ipse iam cornes effectus fuit, omnia quae patris 
sui esse videbantur sive iure sive iniuria potestative invasit tenaciterque sibi aduncavit, 
inter quae omnia et locum sancti patris Deicoli. Qui cum masculae prolis fortitudine in 
Omnibus propemodum regnis famosus haberetur et in multis negociis acsi miles 
castrensis invictus existeret, aliquamdiu inpune potitus est praedio sancti Deicoli (ebda., 
677). Hugo I. ist sicher erst nach 931 und wohl einige Zeit vor 959 verstorben (siehe dazu 
unten, S. 20 f.) Er hat ein relativ hohes Lebensalter erreicht, da er in der Vita S. Deicoli 
einmal als maturae aetatis (Ex Vita S. Deicoli, S. 678) und einmal als senex (ebda.) 
bezeichnet wird. Aus diesen Angaben läßt sich folgern, daß sein Vater geraume Zeit vor 
ihm verstorben ist. So scheint es uns plausibler, als Zeitangabe für das Ableben Eberhards 
I. eher einen früheren, denn einen späteren Zeitpunkt zu wählen. Somit scheiden als 
Angaben für den Todeszeitpunkt Eberhards I. „nach 917“ bzw. „nach 926“, wie sie sich 
aus dem Bericht der Vita S. Deicoli folgern ließen, eher aus, und es ist der auf Grund des 
Urkundenbefundes erstellten Angabe „vor 903“ der Vorzug zu geben. 
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