Wie kann man Eberhard I. in die Nachkommenschaft Hugos von Tours einreihen?
Aus den genannten chronologischen Gründen ergibt sich, daß Eberhard I. in die
Ebene der Generation der Enkel Hugos von Tours einzuordnen ist. Ob Eberhard
wirklich ein Enkel Hugos von Tours gewesen ist, läßt sich indes nicht beweisen,
darf aber doch mit einer hohen Wahrscheinlichkeit angenommen werden. Man
könnte ein unbekanntes Kind Hugos von Tours als Vater bzw. Mutter Eberhards I.
annehmen, wie Tafel 1 illustriert.
Tafel 1
Mögliche Abstammung Eberhards I. von Hugo von Tours
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Odo Robert Lothar II. Ludwig II. Hugo Liutfrid Eberhard I.
Schwierigkeiten bereitet der Forschung bis heute noch ein weiteres Problem,
nämlich die Behauptung in der Vita S. Deicoli, jener Graf Eberhard sei mit Lothars
II. Friedelfrau Waldrada blutsverwandt42. Wie aber schon Franz X. Vollmer gezeigt
hat, kann Waldrada nicht etichonenblütig sein43. Dies hat zur Folge, daß die
Blutsverwandtschaft zwischen Waldrada und Eberhard I. sich nicht von den
Etichonen herleiten läßt. Allerdings zieht Vollmer aus diesem Umstand den - wie
sich erweisen wird - unzulässigen Schluß, daß zwischen Waldrada und Eberhard
Sigmaringen 1985, Stammtafel auf S. 137, obwohl ihm die politische Wirksamkeit von
Guntram, dem Enkel Eberhards I., in der Mitte des 10. Jahrhunderts bekannt ist, wie
ebda., S. 133, hervorgeht. Allerdings sieht Schmid die Filiation Hugo von Tours —
Eberhard I. als nicht gesichert an und versieht sie in der Stammtafel mit einem
Fragezeichen (ebda, S. 137).
42 Ex Vita S. Deicoli, MGH SS XV,2, S. 679. Hier wird von Waldrada berichtet: Acciloque
Heberardo comite, consanguinitatis occasione scelus adhuc immane praesumpsit eique
locum sanctum sub advocationis tuitione commisit. Zur viel diskutierten Eheangelegenheit
Lothars II. sei hier lediglich verwiesen auf die neuerdings erschienene Abhandlung von
T. Bauer, Rechtliche Implikationen des Ehestreites Lothars II.: Eine Fallstudie zu
Theorie und Praxis des geltenden Eherechts in der späten Karolingerzeit Zugleich ein
Beitrag zur Geschichte des frühmittelalterlichen Eherechts, in: ZRG KA 80, 1994, S. 41-
87.
43 Vollmer, Etichonen, S. 176 f. mit Anm. 291, der Argumentation Vollmers folgt auch K.
Schmid, Ein karolingischer Königseintrag im Gedenkbuch von Remiremont, in:
Frühmittelalterliche Studien, 2. Bd., Berlin 1968, bes. S. 128-134, der an Hand von
Eintragungen im Liber memorialis von Remiremont den Verwandtenkreis um Waldrada
erstmals etwas aufhellen konnte. Levillain, L'Alsace, S. 189 ff. u. Chaume, Les
origines, 1. Bd., S. 224 mit Anm. 1 möchten in Waldrada Eberhards „Cousine“ sehen, was
aber der Quellengrundlage entbehrt. Vgl. dazu ebenfalls Vollmer, ebda., S. 176 f. mit
Anm. 291.
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