weiteren Privilegien für andere Klöster, so z. B. für Heiligkreuz in Donauwörth342
oder für Bleurville343, die Vogteifrage in ähnlichem Sinn behandelt. Adolf Waas
ineint in diesen Vogteibe Stimmungen ein Bestärkung des Eigenkirchenrechts und
eine Behinderung der Reform erkennen zu können344. Hingegen vermutet Raissa
Bloch, daß Leo IX. lediglich die bestehenden Zustände sanktioniert hat, jedoch
durchaus Sicherungsmechanismen für die Klöster eingebaut hat, die sie vor
Mißbrauch des Instruments der Vogtei und Übergriffen durch die Vögte schützen
sollten345. Karl Schmid der wolil den Kern der Problematik am schärfsten erkannt
hat, führt uns schließlich vor Augen, daß Leo IX. mitnichten der Reform
entgegengearbeitet, sondern sie im Gegenteil durch seine Maßnahmen auf den
Weg gebracht hat, indem er einen Akt der Trennung „zwischen geistlicher
Verfügungsgewalt und weltlichen Herrschaftsrechten“ vollzog, die sowohl für die
Lebensfähigkeit des Klosters als auch für den Eigenkirchenherrn nutzbringend
war346.
Während das Woffenheimer Kloster von Leo IX. dem Heiligen Stuhl in Rom
überantwortet worden war, blieben Altdorf und Hesse in den Händen der mit Leo
eng verwandten Eigenkirchenherren347. Ein bewußter Aufbau einer von der
Reichskirche unabhängigen, auf dem Eigenkirchenrecht basierenden Papstkirche,
wie er von Hans Hirsch vermutet wurde348, scheint demnach nicht gegeben
gewesen zu sein349.
Zu Leos IX. Poliük gehörte es auch, daß er Kirchen, Kapellen und Altäre weihte. In
der egisheimischen Familienstiftung Hesse war zur Zeit von Leos Besuch seine
semper ipsa advocatia maneat in nostro genere; zur Vogteifrage siehe ausführlich unten
im Kap. 'Vogteien' den Art. ’Heiligkreuz bei Woffenheim'.
342 Sancti Leonis IX Romani pontificis epistolae et decreta pontificia, in: MPL 143, Paris
1882, Sp. 637 ff.: ... dum ipse [= Manegold von Werth] vivit, ipsius loci advocatiam
habeat; similiter et, post mortem ipsius, quem nunc habeat filius. Qui filius si hceredem
habuerit, ipse quoque advocatus sil (Zitat, ebda., coi. 638).
343 Ebda., Sp. 661 ff.: ... ut quicunque de ejus [= Raynard] corporis posteritate
Fonteniacum castellum justa hcereditate possederit, advocatiam ipsius loci habeat
solide. Quod si Jorsan ad ejus successionis progeniem nemo superstes remanserit, ad
propinquiorem et natu majorem, qui de stirpe ipsius Raynardi descenderit, aut ex cujus
hcereditate idem locus est inceptus, prcedicta advocatia perveniat (Zitat, ebda., coi. 661
f); zum Privileg Leos IX. für Bleurville bezüglich des Einflusses der Stifterfamilie auf
die Wahl der Äbtissin siehe Seibert, Abtserhebungen, S. 113.
344 A. Waas, Leo IX. und das Kloster Muri, S. 266.
345 R. Bloch, Klosterpolitik, S. 204. ln diese Richtung interpretiert auch H. Hirsch,
Studien Uber die Privilegien süddeutscher Klöster des 11. und 12. Jahrhunderts, in:
MIÖG Ergänzungsbd. 7, Innsbruck 1907, S. 486, die Bestimmungen zur Vogtei in den
Privilegien Leos IX.: „Das wichtige Neue daran ist, dass die Amtsführung des Vogtes
einer Kontrolle unterworfen wird“.
346 K. Schmid, Adel und Reform, S. 307 u. 317 ff.
347 Siehe R. Bloch, Klosterpolitik, S. 207 f.
348 H. Hirsch, Die Klosterimmunität seit dem Investiturstreit. Untersuchungen zur
Verfassungsgeschichte des deutschen Reiches und der deutschen Kirche, Weimar 1913,
S. 15-18.
349 Vgl. R. Bloch, Klosterpolitik, S. 207 f.
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