Full text: Studien zur Geschichte der Grafen von Dagsburg-Egisheim (31)

bekannt. Zudem spricht die gesamte Quellenlage für die Zeit vor Gertruds Geburt 
im Jahre 1206 gegen eine solche Annahme, man denke nur an den Vertrag 
zwischen Herzog Heinrich von Brabant und dem Grafen von Loon aus dem Jahre 
1197, dessen Inhalt einen zu diesem Zeitpunkt existierenden leiblichen Erben 
Alberts II. ausschließt742. Auch wäre es nach dem Tode Gertnids nicht zu den 
Erbstreitigkeiten gekommen, denn Gertrud hätte bei Existenz eines lebenden 
legitimen männlichen Nachkommen von Albert II, lediglich eine Mitgift für ihre 
erste Ehe erhalten. N. Donnet hat im Zusammenhang mit dem Waltrikinus-Problem 
zu Recht darauf hingewiesen, daß die vier Urkunden Gertruds für Val-Notre-Dame 
gegen die Existenz eines legitimen männlichen Erben Alberts II. sprechen, gerade 
weil Gertrud die Rechtshandlungen bezüglich Val Notre-Dame vomahm und die 
Schenkungen ihres Vaters bestätigte. Hätte zu dieser Zeit ein legitimer männlicher 
Erbe Alberts II. gelebt, so hätte dieser die Schenkungsurkunden bestätigen müssen 
und nicht dessen Schwester Gertrud743. Gegen die Existenz eines legitimen 
männlichen Erben Alberts spricht auch die Aussage Richers von Senones, wonach 
durch den Tod Gertnids 1225 das Ende des Dagsburger Grafenhauses herbeigeführt 
worden ist744. 
Ein möglicher Erklärungsversuch für die Bezeichnung des Waltrikinus als frater 
Gertruds wäre, daß Waltrikinus ein illegitimer Sohn Alberts II. gewesen ist, so wie 
es N. Donnet annimmt745. Leider ist uns dieser Waltrikinus sonst nirgends im 
Zusammenhang mit Albert II. belegt, er taucht auch nicht als Zeuge in dessen 
Urkunden auf, so daß diese Hypothese, wie sie in Tafel 13 als 1. Möglichkeit 
veranschaulicht ist, abgesehen von den Urkunden Gertruds, die Waltrikinus als 
ihren Bruder nennen, durch keine weiteren Quellenbelege gestützt wird. In dem 
Zusammenhang sollte man noch eine weitere Urkunde Gertruds vom Mai 1224 
heranziehen, die Donnet unbekannt geblieben war, die aber ihre Hypothese stützen 
könnte, denn in dieser Urkunde fungiert ein dominus Waltrikinus miles als 
Zeuge746, der mit ziemlicher Sicherheit identisch mit jenem Wallrekinus, miles de 
Trukesteim ist, der 1231 für die Abtei Haute-Seille eine Urkunde austellt747. Die 
auffallende tlbereinstimmung des Namens jenes Ritters mit dem Namen von Ger¬ 
tnids Bniders mag Zufall sein, es könnte sich jedoch durchaus um ebenjenen Bru- 
der Gertruds handeln. Es ist bekannt, daß in Zeugenreihen von Urkunden sehr enge 
Verwandte des Ausstellers auftreten können, ohne daß eine Verwandtschaltsbe- 
zeichnung auf beider Blutsbeziehung hinweist748. Somit stünde einer Identifi¬ 
742 Siehe dazu oben, S. 129 mit Anm. 714. 
743 Donnet, L^s origines, S. 140. 
744 Richeri gesta Senoniensis ecclesie, MGH SS XXV, lib. IV, cap. 23, S. 312. 
745 Donnet, Les origines, S. 140; vgl. C. Qpsomer, Les origines des abbayes cisterciennes 
feminines de l'ancien diocèse de Liège (fin XIIe - XIIIe siècles), Mémoire, Université 
Catholique de Louvain 1969, S. 60. 
746 Original in Nancy, AD M-et-M, B 489, Nr. 60; siehe im Anhang, Urkunde Nr. 26. 
747 Original in Nancy, AD M-et-M, H 545. - Waldrikinus de Tùrksteim wird auch in dem 
Vertrag Simons von Leiningen mit dem Metzer Bischof Johann von Apremont aus dem 
Jahr 1233 erwähnt (Marichal, Cartulaire 1, 130Nr. 147, S. 319). 
748 Es sei als Beispiel eine am 5. April 1193 in Hagenau ausgestellte Urkunde Kaiser 
Heinrichs VI. genannt, in der in der Zeugenreihe Heinrichs Brüder, Philipp, Konrad und 
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