Zusammenfassung
I. Ungefähr auf halbem Weg zwischen Metz und Trier ist die im Luxembur¬
gischen Territorium quasi eingefaßte Burg und Stadt Sierck im 15. Jahrhundert ein
auf das Tal der Mosel vorgeschobener Vorposten der Herzoge von Lothringen.
Diese besitzen die Hoheit zwar nur über einen kurzen Abschnitt des Flusses, jedoch
erheben sie seit dem 12. Jahrhundert einen wichtigen Zoll auf den Fluß- und
Straßenverkehr. Beamten der Fürsten sind beauftragt, den Zoll zu erheben und
haben für 21 Geschäftsjahre zwischen 1424 und 1549 die Rechnungen für die in
rund 3 500 Durchfahrten bezahlten Abgaben hinterlassen.
Diese Reihe von Rechnungen ist sehr ungleichmäßig auf den Zeitraum von 125
Jahren verteilt: vier Rechnungen beziehen sich auf den Zeitraum vom 20. Oktober
1424 bis zum 19. Februar 1428, sechs Jahresrechnungen auf die Periode 1474 bis
1494, neun weitere sowie zwei Fragmente auf den Zeitraum zwischen 1520 und
1549.
Abgesehen von den mehr oder weniger bedeutenden Lücken je nach Epoche und
den für die Buchführung verantwortlichen Personen sind in diesen Rechnungen das
Datum der Durchreise, der Name und der Herkunftsort des/der mit Zoll Belegten,
die Art der verzollten Artikel, ihre Menge und der Betrag der Abgaben vermerkt.
Sie geben in der Regel keine Auskunft über die Herkunft und den Bestimmungsort
der Ladungen, und enthalten keine Schätzung zum Wert der Waren. Die abgaben¬
freien Durchreisen werden in keiner Weise vermerkt.
Ob es sich um Straßen- oder Flußverkehr handelt, wird im allgemeinen nicht präzi¬
siert, und die Hinweise auf die Transportmittel erweisen sich als äußerst fragmen¬
tarisch. Betrachtet man die verzollten Artikel und die geographische Verteilung der
mit Zoll Belegten gelangt man allerdings zur Feststellung, daß die Abgaben im
wesentlichen auf einen Verkehr entlang der Mosel, der sich weitgehend des Wasser¬
weges bedient, erhoben wurden. Die in nachgeordneten Zollstellen an den Verbin¬
dungsstraßen zwischen den Tälern der Mosel und der Saar erhobenen Abgaben ver¬
lieren am Ende des 15. Jahrhunderts jede Bedeutung.
Der Zolltarif (der für die Zeit von 1494 bis 1530 erhalten ist) wird nicht stets genau
eingehalten. Aufgrund der entrichteten Abgaben läßt sich erkennen, daß die
Abgaben sich zwischen 1486 und 1494 um rund 50 % steigern und nach 1530
geringfügig erhöht werden.
II, Während die Jahre 1424 bis 1428 von schwierigen politischen und wirt¬
schaftlichen Bedingungen gekennzeichnet sind - dies spiegelt sich in nur 299
Zolleintragungen für einen Zeitraum von 40 Monaten wieder -, läßt sich in der
zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts und in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahr¬
hunderts aus mehreren Arbeiten ein Aufschwung der lothringischen und im weiteren
Sinne der westeuropäischen Wirtschaft ablesen. Die burgundischen Kriege und der
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