Garantie für eine sichere Zukunft, da es sich um qualitativ hochwertige Kohle handelte,
die kostengünstig abgebaut werden konnte.16
2. Nationale Überformung soziostruktureller Divergenzen
Ein weiterer Katalysator für die nationale Emotionalisierung der Gewerkschaften war
die Personalpolitik der Régie.
2.1 Die Neugestaltung der Technischen Direktion
Seit 1920 gab es in der Hierarchie der Saargruben den unter dem Generaldirektor
angesiedelten Technischen Direktor und drei Gruppendirektoren. Die Befugnisse der
einzelnen Werksdirektoren vor Ort auf den einzelnen Zechen wurden zugunsten der
Gruppendirektoren, die für verschiedene Zechen verantwortlich waren, etwas einge¬
schränkt. Nach 1946 wurde unter dem Technischen Direktor noch ein Grubendirektor
mit zusätzlichen technischen Abteilungen eingeschaltet. In der Praxis bedeutete dies
eine starke Zentralisierung. Der Technische Direktor bildete im Grubenalltag die
zentrale Schaltstelle. Der Gruppendirektor war z.B. verpflichtet, beim Anhauen eines
Querschlages Bericht zu erstatten. Die Grubendirektion war für die Überwachung aller
Maschinen zuständig, in der Praxis erwies sich dies als undurchführbar. Folge war z.
B., daß die Schrämmaschinen bis zum völligen Verschleiß liefen, weil die Kugellager
nicht überholt wurden.17
Auf Seiten der Saarkumpel sorgte diese Unternehmensstruktur für wachsende Un¬
zufriedenheit, sie wurde als Gängelung empfunden, selbst die Steiger sah Hans Ruffing
zu '’Befehlsempfängern" degradiert. Er schlug eine Dezentralisierung der Organisa¬
tionsstruktur vor: Der Schwerpunkt der Entscheidungskompetenz sollte an die Stelle
verlagert werden, wo die Kohle gefördert wurde. Der Betriebsdirektor sollte mit der
Leitung der Grube beauftragt werden, und der Werksdirektor sollte sich vorwiegend
um die Arbeit unter Tage kümmern.18
Die Régie betrachtete das Problem unter rein wirtschaftlichen Aspekten. Sie sah die
schlechtere Pro-Kopf-Leistung der Saargruben im Vergleich zu Lothringen und ver¬
sprach sich von Änderungen im Aufbau der Technischen Direktion eine deutliche
Verbesserung der Förderergebnisse, über ein Mehr an Dezentralisierung sollte die
Förderung erhöht werden.19 Für die Gewerkschaftler, die für eine Abtrennung des
Saarlandes von der Bundesrepublik eintraten wie der Einheitsgewerkschaftler Johann
Dreher (I.V. Bergbau) und der christliche Gewerkschaftler Hans Ruffing, war die von
16 Ebd., S.261.
MAE Paris, EU-Europe, Sous S. Sarre, Doss.249, Bl.90, Protokoll zur 6. und 7. Grubenratssitzung,
Ausführungen von M. Fauchet als Anlage II zum Protokoll.
18 Ebd., Bl.87, Protokoll zur Grubenratssitzung.
19 Ebd., Bl.53 f., Abänderung an der Organisation der Technischen Direktion vom 29.8.52.
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