Die Saarparteien versuchten im Gegenzug, die weitere Radikalisierung des politischen
Klimas zu verhindern; das Thema Gruben sollte aus dem nationalen Fahrwasser geholt
werden. Johannes Hoffmann betonte, daß das Schicksal des saarländischen Berg¬
mannes nicht von der juristischen Form des Unternehmens abhänge. Entscheidend sei
für den Bergmann, daß das französische Bergbaustatut das sozialste der Welt sei.'
Sowohl die Kommunisten als auch die Kreise um Aloys Schmitt und die Hillenbrand-
Gruppe ergänzten ihre nationale Propaganda um soziale Aspekte, indem sie im Falle
einer Verpachtung der Saargruben eine Rationalisierungswelle auf die Bergleute
zurollen sahen. Durch die Parole, die Verpachtung der Saargruben bedeute auch eine
"Verpachtung der saarländischen Kumpel", wurde die Stimmung weiter emotionali-
siert.7 8 Die Kommunisten agitierten vor allem in den Betriebsräten gegen die Verpach¬
tung, so auch auf der großen Betriebsrätekonferenz in St. Ingbert am 3. Juli 1949.9
Die oppositionellen Gewerkschaftler instrumentalisierten insbesondere die Gruben¬
frage, um der Öffentlichkeit die Fremdbestimmung durch Frankreich vorzuführen und
damit das Denken in nationalen Gegensätzen voranzutreiben. Sie verknüpften dieses
Thema psychologisch geschickt mit der Kritik an der Personalpolitik im Saarbergbau.
Die Verpachtung der Saargruben an Frankreich wurde in den Saarkonventionen am 3.
März 1950 für 50 Jahre unter Vorbehalt einer friedensvertraglichen Regelung festge¬
legt. Sie bot den pro-deutschen Kreisen nicht nur einen Anlaß zum Protest, sondern mit
dieser Frage wurde erstmals versucht, die oppositionellen Kräfte zusammenzuführen.
Initiator dieser Politik war nach Einschätzung des Hohen Kommissariates Aloys
Schmitt.10 Er hatte zu einer Aktionseinheit von Einheitsgewerkschaft und christlicher
Gewerkschaft gegen die Verpachtung aufgerufen und wurde dabei von den kommu¬
nistischen Gruppen in der Einheitsgewerkschaft unterstützt. Mit dem Angebot einer
gewerkschaftlichen Aktionseinheit verfolgte Schmitt eine kluge Strategie, bei der die
pro-deutschen Kräfte nichts verlieren konnten. Wenn die christlichen Gewerkschaften
das Angebot ablehnten, würde die Oppositionsrolle des I.V. Bergbau aufgewertet
werden. Das Hauptanliegen Schmitts bestand wahrscheinlich darin, über eine Gewerk¬
schaftseinheit Druck auf die Regierung Hoffmann auszuüben.11 Hier bahnte sich bereits
die Entwicklung an, daß die Gewerkschaften in Opposition zur Regierung traten und
versuchten, die Rolle von nicht zugelassenen pro-deutschen Oppositionsparteien zu
übernehmen. Der Vorstand des I.V. Bergbau hatte am 24. September 1949 einstimmig
der Aktionseinheit mit der Gewerkschaft Christlicher Saarbergleute (GCS) zugestimmt.
7 MAE Paris, EU-Europe, Sous S. Sarre, Doss.226, Bl.142 f., J. Hoffmann an G. Grandval vom 12.10.49
und Sammlung von Pressartikeln zur Aktionseinheit.
8 Ebd.
MAE Nantes, HC Sarre (HCS), Cab.Polit., Doss.l 17, Bl. 146, Bulletin hebdo. de Presse vom 11.7.49.
Ebd., Bl.207, MAE-Dir. Europe, Vermerk Rieths vom 19.11.49.
Interview mit Paul und Walburga Schmidt am 24.5.1994.
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