Saarfrage konzentrierten und sich als einzige zugelassene Partei gegen die Separierung
des Saarlandes stark machten. Damit schufen sie einen politischen Dauerbrenner, der
die Hoffmann-Zeit immer stärker bestimmen sollte, und dies erklärt auch die Stabilität
ihres politischen Einflusses im Vergleich zur KPD in der Bundesrepublik.
Dieser stabile kommunistische Einfluß im Saarland wurde dadurch begünstigt, daß
Sozialdemokraten bei der Besetzung von Führungspositionen die Bedeutung der
Gewerkschaften und Betriebsräte zu gering einschätzten und sich wahrscheinlich auch
zu sicher waren, daß die Arbeitnehmer sowieso hinter ihnen stünden.
Besonders im Saarland strebten, wie bereits Mallmann festgestellt hat, die ehemaligen
sozialdemokratischen Gewerkschaftler in die Sozialversicherung und in die Kommu¬
nalverwaltung. Im Gegensatz zur SPD erkannten die saarländischen Sozialdemokraten
aber erst viel zu spät, erst Anfang der fünfziger Jahre, daß ihre Repräsentanz auf
Betriebs- und Gewerkschaftsebene viel zu gering war. Darüberhinaus unterließen sie
eine systematische Betriebsparteigruppenarbeit, wie sie von der deutschen Sozialdemo¬
kratie durch Siggi Neumann, Herbert Wehner, Georg Leber und ihren Genossen auf
den Weg gebracht wurde.
Der Gewerkschaftspluralismus verhinderte zudem eine koordinierte Zusammenarbeit
von Sozial- und Christdemokraten in Gewerkschaften und Betriebsräten gegen die
Kommunisten, wie sie in anderen deutschen Ländern und auch später noch in der
Bundesrepublik beobachtet werden konnte. Diese Konstellation war allerdings auch
wesentlich schwieriger, da neben dem ideologischen Gegensatz die saarpolitischen
Aspekte zur Gretchenfrage wurden, und das bedeutete eine nationale Komponente,
vereinfacht also pro-deutsch oder autonomistisch.
Ein auffallendes Merkmal des I.V. Bergbau bestand darin, daß die führenden Gewerk¬
schaftspersönlichkeiten der oppositionellen Richtung aus der Vitus-Heller-Bewegung
kamen. Dies erleichtert das Verständnis der gewerkschaftlichen Opposition wie z.B. ihr
Verhältnis zu den Kommunisten.
Wie aber der Prozeß hin zu einer pro-deutschen Ausrichtung und Politisierung der
Gewerkschaften ablief, wodurch er ausgelöst und vorangetrieben wurde und welchen
Stellenwert er für die politische Entwicklung des Saarlandes hatte, soll im folgenden
Kapitel genauer analysiert werden. Damit wird auch Luitwin Bies Rechnung getragen,
der anläßlich des großen Kolloquiums zur Geschichte der Saar zwischen 1945 und
1955 forderte, die Rolle der 60.000 Bergleute an der Saar stärker zu würdigen.273
Diskussionsbeitrag von Luitwin Bies, in: Hudemann und Poidevin (Hrsg.), Die Saar, S.318.
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