September wurde eine nach den einzelnen Renten differenzierte Regelung angewandt.
Ab 1. November 1945 erhielten die Empfänger von Knappschaftsrente 50 Prozent der
ihnen zustehenden Beträge, ab 1. Juli 1946 dann 75 Prozent, und ab 1. April 1947
konnten die Rentner am Postschalter wieder ungekürzte Renten in Empfang nehmen.34
Die Sanierung der desolaten Finanzsituation war aber ohne massive Beitragserhöhung
nicht realisierbar, so wurde z.B. der allgemeine Beitragssatz zur Invaliden- und Ange¬
stelltenversicherung mit Wirkung vom 15. November 1947 von 5,6 auf 10 Prozent fast
verdoppelt.35
Mit der Einführung der französischen Währung am 20. November 1947 erfolgte ein
Währungsschnitt. Seine Wirkungen sollen nur skizziert werden. Die Umrechnung der
Renten wurde zunächst im Verhältnis 1 zu 35 vorgenommen, ab 1. Januar 1948 wurde
der Umrechnungskoeffizient erhöht. So wurden Knappschaftsvollrenten 1 zu 45,5
umgestellt, Knappschaftsrenten und Witwenrenten nur 1 zu 38,5. Ab 1. Mai 1948
sorgte ein erhöhter Umrechnungskoeffizient von 1 zu 60 für höhere Renten.36 Für die
Finanzsituation der Sozialversicherung war die Währungsumstellung deshalb eine
Belastung, weil Vermögen und Beitragssummen nur zum Kurs 1 zu 20 umgestellt
wurden und damit der Währungsschnitt im Vergleich zu den Ausgaben ungleich
stärker war.37 Die Umstellung der Vermögenswerte mit dem Koeffizienten 1 zu 20 darf
vor dem Hintergrund der weitreichenden Vermögens Verluste aber nicht überbewertet
werden.38 Das Gleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben der Sozialversiche¬
rungsträger wurde aber gestört, da der Umrechnungskoeffizient für die Löhne, die die
Berechnungsgrundlage für die Sozialversicherungsbeiträge bildeten, nicht dem Koeffi¬
zienten für die Leistungserbringer - wie z.B. Ärzte - entsprach.39
3.2 Organisationschaos
Die Bewältigung der Probleme in der Sozialversicherung nach dem Zusammenbruch
wurde noch zusätzlich durch den Mangel an geeignetem Personal erschwert. Wichtige,
zur Rentenberechnung notwendige Unterlagen waren durch die Evakuierung des
Saargebietes verloren gegangen und nicht mehr verfügbar. So waren beispielsweise die
Geschäftsstellen der Saarhüttenknappschaft im Saarland geräumt und wichtige Akten
34
Ministère des Affaires Etrangères (MAE) Nantes, HC Sarre, Mission Juridique, Questions Economiques
(M.J./Q.E.), E VI 4/ E VI 5. Dossier zur Knappschaftlichen Rentenversicherung. Zur Rentenkürzung und
Währungsumstellung: Klein, Die Entwicklung der Sozialversicherung, S.345-349.
35 Geschäftsbericht der LVA, S.28.
36 Ebd.
37 Ebd., S.11,49.
Dies zumindest war die Position der Commission franco-sarroise mixte, siehe: LA SB, MifAS, Bü.8,
Sitzungsprotokoll ders. vom 12.4.48.
39
Archiv der Landesversicherungsanstalt für das Saarland Saarbrücken (LVA-Archiv), Niederschrift zur
Sitzung des Technischen Ausschusses vom 22.4.48 und 4.5.48. LA SB, MifAS, Bü.l2, LVA an VWK/
Direkt. Arbeit vom 18.11.47.
33