Full text: Sozialer Besitzstand und gescheiterte Sozialpartnerschaft

5. Kommunisten auf Gewerkschafts- und Betriebsratsebene im Vergleich mit deut¬ 
schen Ländern nach Konvergenz- und Divergenzgesichtspunkten 
5.1 Betriebsparteigruppen und Betriebsratsarbeit 
Betriebsparteigruppen als Operationsbasis 
Ein Grund für den Einfluß der KP auf die Einheitsgewerkschaft liegt wie schon er¬ 
wähnt darin, daß sie als erste Partei mit einer systematischen Gewerkschaftsarbeit 
begonnen hatte, ein Aspekt, der auch für die Parteiengeschichte von Interesse ist und 
bisher in Handbuchdarstellungen zu wenig berücksichtigt wurde.147 Die KP bildete 
Betriebsparteigruppen, die vor Ort die Arbeiterschaft an die Partei binden und gleich¬ 
zeitig Betriebsvertretungen und Gewerkschaften unterwandern sollten. Die Kommu¬ 
nisten wollten damit einen Vorsprung in der unmittelbaren Interessenvertretung am 
Arbeitsplatz gewinnen.148 Die Aktivisten in den Betriebsparteigruppen wurden vor 
allem in Gewerkschafts- und Betriebsratsfragen geschult.149 
Die Ausrichtung der KPD am Betriebsparteigruppenprinzip nach 1945 orientierte sich 
am organisatorischen Vorbild der KPdSU.150 Beim Parteivorstand der KPD in Frank¬ 
furt wurde mit Hilfe der Landesverbände eine Betriebskartei aufgebaut, in der jeder 
Betrieb mit mehr als 30 Arbeitern erfaßt wurde.151 Jedes Parteimitglied sollte zugleich 
Mitglied in der Gewerkschaft sein, um so eine Aktionseinheit der Arbeiterklasse in den 
Betrieben zu realisieren, wobei auch die Sozialdemokraten mit eingebunden werden 
sollten. Am 1. Dezember 1946 waren der KPD-Zentrale 363 Betriebsgruppen mit 
20.564 Mitgliedern bekannt. Parallel dazu wurde speziell für die Arbeit in den Betrie¬ 
ben, vor allem für das metallverarbeitende Gewerbe und den Bergbau, eine Infrastruk¬ 
tur für eine schlagkräftige Parteipresse aufgezogen, so gab es beispielsweise in Ham¬ 
burg und Nordrhein-Westfalen mehr als 500 kommunistische Betriebszeitungen.152 
Frank Dingel, Die Kommunistische Partei Saar, in: Richard Stöss (Hrsg.), Parteienhandbuch. Die 
Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945-1980, Bd.2, Opladen 1984, S. 1852-1879. 
148 F ü 1 b e r t h, KPD und DKP, S.33. 
Gudrun Schädel, Die KPD in Nordrhein-Westfalen 1945-1956, Diss. Bochum 1974, S.47 f. In 
diesem Zusammenhang muß auf die zahlreichen Tamorganisationen der KP hingewiesen. 1952 soll es 
davon in der Bundesrepublik mehr als 170 gegeben haben. Dire Aufgabe bestand z. B. darin 
Aktionsausschüsse und Einheitskomitees zu bilden, dabei aber die kommunistische Steuerung zu tarnen. 
Siehe dazu: Erwin R i g g e rt, Kommunistische Tarnorganisationen, in: Gewerkschaftliche Monatshefte 
3/1952, S.616f. 
Klessmann, Betriebsparteigruppen, S.275. 
Dies gilt ab Herbst 1949 auch für das Saarland, siehe: DGB-Archiv in der Hans-Böckler-Stiftung 
Düsseldorf (DGB-Archiv), Bundesvorstand, Abt. Organisation 24/4 und 24/5825, Heinrich Wacker an 
Albin Karl vom 27.8.52. 
152 
Schädel, Die KPD in Nordrhein-Westfalen, S.48, 152-155. Auch im Saarland gab es auf den 
größeren Zechen Betriebszeitungen der KP- Betriebsparteigruppen laut Interview mit Lina und Walter Bier 
am 19.5.1994. 
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