immer wieder hervorgehoben worden ist,46 stand die Touler Reform stets im Schatten der
Gorzer, die nicht nur zeitlich früher angesetzt, sondern der auch die größere Ausstrahlung
beigemessen wurde. Schon allein dieser Umstand ließe es sinnvoll erscheinen, die Touler
Reformbemühungen noch einmal genauer in den Blick zu fassen; zwingend erforderlich
wird dies aber durch neue Forschungsergebnisse, welche die aus wenig zuverlässigen
Daten rekonstruierte Chronologie der monastischen Bewegung Oberlothringens ins Wanken
gebracht haben.
Obwohl die Urkunde, mit der Adalbero die Reform und Ausstattung von Gorze schriftlich
festhält, eindeutig auf den 16. Dezember des Jahres 933 datiert ist und die einzelnen
Datierungselemente übereinstimmen,47 und obwohl 933 als Jahr des bischöflichen Reform¬
eingriffes auch durch die Vita des Johannes von Gorze überliefert wird,48 sind Zweifel an
der Richtigkeit dieses Datums laut geworden, weil die mit dieser Jahreszahl in Verbindung
gebrachten weiteren Nachrichten der Vita nicht zusammenstimmen49 und eher auf das Jahr
936 verweisen50 und weil es nicht sicher ist, ob das Original der nur in einer späteren
Abschrift überlieferten Urkunde des Bischofs Adalbero tatsächlich das Datum 933 trug oder
ob dieses nicht erst von dem Abschreiber ergänzt worden ist. Mit Blick auf weitere Hin¬
weise, die die historiographischen Quellen geben, gelangt Michel Parisse daher zu der
Ansicht, nicht schon 933, sondern möglicherweise erst im Frühjahr 934 seien die Reformer
in Gorze eingezogen: „A titre d'hypothèse, admettons que l'entrée du groupe se soit bien
faite à Gorze au printemps de 934".51
Trifft diese Hypothese zu, dann ist in Gorze die Reform in demselben Jahr durchgeführt wor¬
den, in dem sie nach einem späteren Bericht aus Dijon auch in dem Touler Bischofskloster
St-Evre Einzug gehalten haben soll, vermerken die Annalen von St-Bénigne doch ganz
lapidar zu 934: Conversio monachorum sancti Apri.52 53 Vor allem aber wird sie gestützt durch
den Bericht eines zeitgenössischen Chronisten, durch Flodoard von Reims, der in seinen
Annalen ganz allgemein für das Jahr 934 den Beginn der Klosterreform in Lotharingien ver¬
zeichnet, indem er feststellt: Religio regulae monachorum in quibusdam monasteriis per
regnum Lothariense reparatur.53.
46 Vgl. Sackur 1, S. 156-160; Heinrich Büttner, Verfassungsgeschichte und lothringische Klosterreform,
in: Aus Mittelalter und Neuzeit. Gerhard Kallen zum 70. Geb., Bonn 1957, S. 17-27, bes. 18;Choux
{wie Anm. 38) S. 66; Boshof, Kloster und Bischof (wie Anm. 6), S. 210 und 221-224.
47 Cart. de Gorze Nr. 92: Actum Mettis, publice, sub die XVII kalendas januarli [= 16. Dez.], anno ab
incarnatione domini nostri Jhesu Christi D CCCC XXXIII [= 933], indictione VI [= 933], regni autem
gloriosissimi regis Heinrici in regno Lothariorum VIII [= 933], episcopatus autem domni Adelberonis,
..., V [= 933].
48 MGH SS 4, S. 349 (c. 43).
49 Vgl. ebd.: ... obtinente partem Franciae regni quondam Lotharii Fteinrico Germanorum rege [= 925,
bezieht man die Aussage jedoch auf Heinrichs Sohn Otto den Großen, dann = 936] ... Franciam autem
occidentalium partium Ludowico, filio Karoli [= 936] ...
50 Vgl. dazu und zum folgenden Parisse, L'abbaye de Gorze (wie Anm. 33), S. 64 f. mit Anm. 79.
51 Ebd. S. 65.
52 Ed. G. Waitz, MGH SS 5, 1844, S. 40.
53 Ed. Philipp Lauer (= Collection de textes), Paris 1905, S. 60.
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