Merzingen (heute Mönchdeggingen) gebürtige und nach Bous/Saar verheiratete
Johann Friedrich Dobisch, der am 1. November 1928 als Nachfolger von Max
Bock, der zur Bezirksleitung des DMV nach Frankfurt berufen worden war, zum
Vorsitzenden des ADGB, Saar, gewählt worden war. Er führte nach der gewaltsa¬
men Auflösung des ADGB im Reich vom 2. Mai 1933 den Kampf der Arbeiter ge¬
gen die "Hitler-Fuchtel"101 weiter. Wiederholt sprachen sich die Freien Gewerk¬
schaften für einen vorläufigen Status quo aus; nicht gegen "Deutschland" richteten
sich ihre Stimmen, sondern gegen das nationalsozialistische Regime. In dem anti¬
faschistischen Kampfblatt, "Saarländische Gewerkschaftszeitung"102, das der
ADGB des Saargebietes Mitte Juni 1933 herausgab und für das Fritz Dobisch ver¬
antwortlich zeichnete, gaben die Freien Gewerkschaften die Parole "für die gesam¬
te freigewerkschaftliche, sozialistisch gesinnte Arbeiterschaft des Saargebietes"
aus: "Keine Arbeiterstimme für Hitler-Deutschland!"103
Am 14. Dezember 1934 erschien in einem Beiblatt der "Saarländischen Gewerk¬
schaftszeitung", die allen Mitgliedern der freien Gewerkschaftsorganisationen an
der Saar kostenlos zugestellt wurde, der Aufruf: "Nach Genf heißt die Parole dar¬
um erst recht: Für Deutschland - gegen Hitler! Am 13. Januar alles für den Status
quo!"104 Deutlicher und vor allem nachteiliger für den Redakteur Fritz Dobisch
konnte die Alternative der neuen nationalen Richtung kaum formuliert werden.
Dies kommt auch in dem Artikel über die Funktionärskonferenz des ADGB in
Saarbrücken am 16. Dezember 1934 zum Ausdruck, wo Fritz Dobisch erklärt hat¬
te, daß die Verhältnisse dazu zwängen, etwas zu tun, was der ADGB vierzehn Jah¬
re lang nicht für möglich gehalten habe. Vierzehn Jahre lang habe er zurück ins
Reich gewollt, nach Deutschland, auch wenn es nicht jenes Deutschland gewesen
sei, das er sich 1919 erträumt habe. Aber wie es auch sein mochte, dieses
Deutschland sei den Mitgliedern trotzdem immer lieb und teuer gewesen. Inzwi¬
schen aber hätten sich die Verhältnisse erneut und wesentlich geändert: "Unser
Deutschland ist nicht mehr ... ,"105
Damit hieß der erklärte Gegner - "Hitler"; Punkt Eins des "Kampfprogramm(s) der
Einheitsfront für ein (vorläufig, d. Verf.) selbständiges Saargebiet" lautete jedoch
weiterhin: "Das Saargebiet ist deutsch und wird auch während der Übergangszeit
bis zum Anschluß an ein freies Deutschland deutsch bleiben. Darum Erhaltung
und Pflege deutscher Sprache und deutscher Kultur und Ausschaltung der natio¬
nalistischen Kriegs-, Völker- und Rassenverhetzung."106
101 Zweite Beilage der "Volksstimme" v. 4.11.1933.
102
Alle Ausgaben des Jahrgangs 1933 sind verschollen.
103
Saarländische Gewerkschaftszeitung Nr. 29 v. 20.7.1934.
104 Beiblatt, ”13. Januar - Wir alle ftlr die Freiheit der Saar", zur "Saarländische(n) Gewerkschafts-Zei¬
tung” Nr. 50 v. 14.12. 1934 (Wochenzeitung).
10^ Saarländische Gewerkschaftszeitung Nr. 50 v, 17.12.1934; ebenso K, Handfest, Fritz Dobisch, S. 31.
106 Saarländische Gewerkschaftszeitung Nr. 51 v. 21.12.1934: "Alles für Deutschland!".
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