antifaschistischen Opposition2. Daß es diesbezügliche Überlegungen gab, belegen
die Ende 1934 entstandenen beiden neuen Parteien, "Nationale Freiheitsbewe¬
gung" sowie der "Deutsche Volksbund für christlich-soziale Gemeinschaft".
Gründer und Führer der "Nationale(n) Freiheitsbewegung" war der ehemalige
Reichspropaganda-Redner Hermann Friedrich in Saarbrücken, der eng mit Otto
Strasser zusammenarbeitete. Ihr Ziel war die Schaffung eines unabhängigen so¬
zialistischen Saargebietes als Basis der Revolutionierung Hitler-Deutschlands un¬
ter Zusammenfassung von Nationalsozialisten und Kommunisten; man befür¬
wortete den Anschluß an Deutschland, sobald die Hitler-Regierung verschwinden
würde. Im Saarkampf spielte diese Bewegung jedoch nur eine geringe Rolle3,
Der "Volksbund", gegründet von dem ehemaligen Gewerkschaftsekretär Kuhnen,
von Imbusch, Pfarrer Bungarten und Eisenbahnpräsident Nicklaus (mit 70 katholi¬
schen Geistlichen als Mitgliedern), befürwortete den Status quo, der ebenfalls ei¬
nen späteren Anschluß an Deutschland nicht ausschloß. Ab 30. November 1934
versuchte sich die Partei unter Führung von Johannes Hoffmann als Sammlungs¬
partei der katholischen Opposition gegen Hitler-Deutschland zu konstituieren.
Doch distanzierten sich nach dem Aufruf der beiden Bischöfe von Trier und
Speyer viele Geistliche vom "Volksbund"4.
In der folgenden Retrospektive sollen die Entscheidungsmomente der Saarländi¬
schen Bevölkerung, wie sie von Parteien, Gewerkschaften und Kirchen bereits Jah¬
re vorher verfochten wurden, im Hinblick auf ihre Wirksamkeit untersucht wer¬
den; eine komplette geschichtliche Darstellung ist nicht beabsichtigt.
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Bei den in den folgenden Kapiteln zusammengeste 1 lten Gründen für den Ausgang der Volksabstimmung
folgt der Autor größtenteils der Übersicht von H.-W.Herrmann in der Vorlesung WS 1985/86: Zur Ge¬
schichte der Saargegend IV. Das Land an der Saar vom Ende des Ersten Weltkrieges bis zur Eingliede¬
rung in die Bundesrepublik Deutschland, 1918 - ca. 1960.
3 Vgl. H. Prantl, RPB, S. 57 mit Anm. 14 u. S. 58.
4 Ebd. S. 58 u. Anm. 16. Diese Vorstellungen brachten auch rechtliche Bedenken mit sich, waren doch 3
Alternativen für die Saar zugelassen und nicht eine vierte, u.U. Status quo bis zur Hitler-Ablösung.
Hoffmann, Johannes (23.12.1890, Landsweiler-Reden, - 21.9.1967. Völklingen; kath.).Studium der
Philosophie und Volkswirtschaft; Kriegsfreiwilliger von 1914-1918; 1920 Journalist beim Scherl-
Verlag in Berlin, Korrespondent mehrerer kath. Zeitungen in Süddeutschland; Mitglied des Zentrums;
von Oktober 1929 - Februar 1934 Chefredakteur der S.L.Z.; Mitbegründer der HNeue(n) Saar - Post",
Anhänger des Status quo; nach der Saarabstimmung nach Luxemburg emigriert; bei Kriegsausbruch
Journalist im deutschsprachigen Dienst des französischen Rundfunks; 1940 aus einem Internierungs¬
lager vor den deutschen Truppen ins unbesetzte Frankreich geflüchtet, dann nach Brasilien; 1945
Rückkehr über Paris nach Saarbrücken. J. Hoffmann, Am Rande des Hitlerkrieges; ders., Das Ziel war
Europa; K.A Schleiden, Johannes Hoffmann, S. 251-276.
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