aktes noch am gleichen Abend in Frankenholz; der Reichssender Saarbrücken und
der Sender Kaiserslautern übertrugen die Kundgebung. In dieser Versammlung
wurde eine Proklamation des Gauleiters verlesen, die damit schloß, daß es vom
neuen Schuljahr an im ganzen Gau nur noch Schulen gebe, in denen sich die ka¬
tholische und protestantische Jugend zum Gebet vereinige: "Herrgott, laß uns nicht
mehr trennen und erhalte uns den Führer zum wahren Segen unseres Deutsch¬
lands, das uns über alles geht in der Welt."6
Über die Art der Abstimmung gingen den Bischöfen von Trier und Speyer um¬
fangreiche Berichte zu. Dabei wurde ganz besonders Klage geführt über: Repres¬
salien gegen Beamte, Existenzangst der Lehrpersonen bei der Unterschriftenakti¬
on, die Beteiligung von politischen Leitern, SA- und SS-Leute in Uniform, das
massive Auftreten mehrerer Personen als Werbekommission, das Ausnutzen des
Abhängigkeitsverhältnisses (namentlich den Bergleuten gegenüber, die vielfach
grubeneigene Wohnungen bewohnten), die Weiterverwendung von unterschriebe¬
nen Erklärungen maßgeblicher Personen zur Werbung für die Gemeinschaftsschu¬
le, die Aufforderung an die Lehrerkräfte zur "Bearbeitung" der Erziehungsberech¬
tigten, den Einsatz offener und versteckter Drohungen, die allgemeine Furcht vor
wirtschaftlichen Nachteilen und vor Verlust der Arbeit, die Bedrohung von Ge¬
schäftsleuten mit Geschäftsschädigung, die Steigerung der Angstpsychose durch
die Einrichtung eines Abstimmungsbüros im Verwaltungsraum der Hütte, das
Angstmachen mit einer möglichen Gefährdung der Pensionsberechtigung, die An¬
drohung der Streichung von Unterstützungsleistungen, die Aufstellung von
schwarzen Listen und vieles mehr.
In dem Bericht einer Gemeinde an den Trierer Bischof heißt es: "Im ganzen gese¬
hen, war diese Abstimmung eine Mache, die auch nicht im Entferntesten die
wahre Gesinnung der Bevölkerung wiedergibt, eine Gewissensknechtung sonder¬
gleichen, ein Hohn auf jedes Recht, ein abscheuliches Spiel mit religiösen Schlag-
wörtem, Freund wie Gegner sind sich darin einig, daß selbst der Mobilmachungs¬
tag bei Beginn des Weltkrieges nicht eine solche Aufregung in die Gemeinde hin¬
eingetragen habe wie diese Abstimmung."7 In seinem Brief vom 25. März hatte
Bürckel allerdings gleiche Vorwürfe unter umgekehrten Vorzeichen an die Adres¬
se Bomewassers geschickt8.
Die Flut von Anklagen gegen das Zustandekommen des über 90%igen "Votums
für die Gemeinschaftsschule" beweist abermals die aus der Abstimmungszeit
1934/35 bekannte Taktik der Bedrohung und Einschüchterung. Von einer freien
Entscheidung konnte also keine Rede sein, und Bürckels Parole von der christli¬
chen Gemeinschaftsschule, in der der bekenntnismäßige Religionsunterricht ge¬
6 Brief v. 31.3.1937. Ebd. Bl. 65 (Ber. S. 6).
7 Brief v. 31.3.1937, S. 10 (B. Die Art der Abstimmung, S. 7-19). AB Trier, Abt. 59, Nr. 65. Vgl. auch
J. Bisson, Sieben Speyerer Bischöfe, S. 341-345 u. K. Hofen, Das Bistum Speyer, S. 12f. 180 Berichte
aus den Pfarreien nebst Denkschrift über die Abstimmung über die Gemeinschaftsschule am 20.3.1937
u. in den folgenden Tagen in der Saarpfalz. AB Speyer, BO, NS, Nr.44.
8 Brief Bürckels an Bomewasser v. 25.3.1937. AB Speyer, BO, NS, Nr. 44, Bl. 65.
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