Achtes Kapitel
BÜRCKELS INNENPOLITISCHE AKTIVITÄTEN ZUR VERBESSERUNG DER
Auswirkungen der Rückgliederung
1. Die wirtschaftliche Rückgliederungsproblematik der Saar im Spiegel
der NS-Propaganda
Bereits im Frühjahr 1934 wurden auf Anregung Binders durch den St. Ingberter
Bürgermeister Dr. Schier Erhebungen angestellt, wie in den Kreisen der Industrie
und des Handels zu den bei der Rückgliederung sich ergebenden Fragen Stellung
genommen werde, insbesondere welche Störungen befürchtet werden, wenn das
Saargebiet aus dem französischen Zollgebiet in das deutsche Wirtschafts- und
Zollgebiet eingegliedert werde1. Demnach rangierten im Verwaltungsbereich
Überlegungen zu Wirtschaftsfragen durchaus vor propagandistischer Effekthasche¬
rei der Rückgliederungsbefürworter "um jeden Preis". Am 7. Mai berichtete Barth
nach München, daß das Ergebnis dieser Untersuchung bereits vorliege und nun¬
mehr auch Erhebungen für die übrigen Gemeinden der ehemaligen Pfalz durchge¬
führt werden sollten. Dabei sollten vor allem die "Produktion und Absatzverhält¬
nisse der hiesigen Industrie"2 Gegenstand der Untersuchung sein, im einzelnen die
ungefähre jährliche Gesamtproduktion, der ungefähre Wert derselben mit den
ungefähren Absatzverhältnissen im Reich, in Frankreich, im Saargebiet und im
sonstiges Ausland, Absatzschwierigkeiten in Bezug auf die bisherige bzw. weitere
Ausfuhr nach Frankreich sowie Möglichkeiten für neue Absatzmärkte.
Die durch die Regierung in Speyer geplante Untersuchung3 wurde dann jedoch
zugunsten einer Untersuchung der Handelskammer Saarbrücken aufgegeben; die
Fragen der Bezirksregierung der Pfalz wurden in die neue Untersuchung mit
einbezogen. Damit sollte der bayerischen Regierung in München ein geschlossenes
Bild der Rückgliederung über die Lage der industriellen Unternehmen und
Betriebe in den Bezirken Homburg und St. Ingbert gegeben werden; ausgenommen
waren allerdings die Grubenbetriebe und die Betriebe der Schwerindustrie, da für
sie eine Sonderbehandlung geboten schien.
Erklärtes Ziel für die neue wirtschaftliche Ausrichtung war es,
1 Sehr. Binders an den Generalbevollmächtigten für die Rhein- und Saarpfalz v. 19.4.1934. LA Speyer,
Best. Bez,Amt Kusel, Nr. 1.424, Bl. 93. Vgl. Mallmann/StefFens, Lohn der Mühen, S. 209-217.
2 Vgl, Formblatt LA Speyer, Best. Bez.Amt Kusel, Nr. 1.424, Bl. 95, Bezug auf Barths Sehr. v.
7.5.1934. Ebd. Bl. 94.
Sehr. Barths an den Min.Präs. als Generalbevollmächtigten für die Rhein- und Saarpfalz v. 22.5.1934;
ebenso an Binder, betr. Wirtschaft!. Rückgliederungsfragen. Ebd. Bl. 96-100.
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