wenn die Massenentlassung von 1.000 Bergarbeitern anstand48. Auch das Reichs¬
justizministerium äußerte sich dahingehend, daß die auch von ihm politisch für er¬
forderlich anerkannten Kündigungen auf dem Rücken der Justizverwaltung infolge
der Rechtsprechung durch die Arbeitsgerichte ausgetragen würden. Diesbezüglich
hatte sich der französische Konsul in Saarbrücken bis zum 3. April 1937 zweimal
wegen Nichtbeachtung der Römischen Abkommen an den Landgerichtspräsiden¬
ten gewandt, wobei in beiden Fällen der Verstoß von nationalsozialistischer Seite
zugegeben werden mußte; hierbei hatte der französische Konsul sogar betont,
wenn ein nicht der Deutschen Front angehörender französischer Kläger von der
städtischen Straßenbahn in Saarbrücken entlassen werde, werde er dafür Sorge
tragen, daß zur Repressalie deutsche Arbeiter in Frankreich entlassen würden49.
Die Auffassung des Reichsministers der Justiz, 1937 dem Volksgerichtshof, dem
Vertreter des Generalstaatsanwalts in Saarlautem, dem Präsidenten des Landge¬
richts und dem Oberstaatsanwalt beim Landgericht in Saarbrücken mitgeteilt, lau¬
tete dahin, "daß die aus Anlaß der Rückgliederung des Saargebietes gemachten
Zusagen (Garantien) der Reichsregierung ... zeitlich unbegrenzt (also über das En¬
de des OAGH hinaus) gelten (sollen) und daß daher bei einem Beschuldigten, für
den die angeführten Zusagen Geltung (hätten), sein früheres Verhalten zur Frage
der Abstimmung nach wie vor nicht nachteilig für ihn verwertet werden
(dürfe)"50. Anlaß der Klärung der Rechtslage bildete das Eingeständnis, daß "in
einzelnen Strafsachen gegen Bewohner des Saarlandes ... Feststellungen der
Polizei über das Verhalten der Angeklagten in der Frage der Abstimmung
aktenmäßig niedergelegt und zu Ungunsten des Betreffenden verwertet" worden
seien. Obwohl man von seiten des Reiches die negative Propaganda durchaus
erkannte, liefen in der Folgezeit die Bestrebungen zur Klärung entsprechender
Angelegenheiten ganz klar in Richtung einer Beugung des Rechts für NS-Zwecke
und nicht im Sinne einer rechtsstaatlichen Lösung51. Die Verfügung des
Geheimen Staatspolizeiamtes Berlin (Gestapa) vom Januar 1935, rückkehrende
Emigranten in die Konzentrationslager einzuweisen, hatte vorerst nur auf
Reichsebene Anwendung gefunden, galt aufgrund des Römischen Abkommens
also nicht für die Saar, was von der Stapo-Stelle Saarbrücken sehr bedauert wurde.
48 Zu der gesamten Entlassungsproblematik nach 1936 s. Kl-M. Mallmann, G. Paul, Herrschaft, S. 49-54.
49 Ebd. S. 227. Gedacht war wohl an die 3.000 saarländischen Bergleute auf lothringischen Gruben.
50 Sehr. d. RMdJ v. 3.5.1937 (Freisler). LA Saarbrücken, Best. LRA St. Ingbert, Nr. 798; s. Anhang. Die
zahlreichen Ermittlungsverfahren gegen Kommunisten, Mitglieder der "Roten Hilfe", ehern. Mitglieder
der Saarwirtschaftvereinigung (SWV), gegen "Aufwiegler" oder z.B. gegen die Beschäftigten der Setze¬
rei der S.Z, aufgrund von "Fälschungen" vorzensierter Manuskripte beweisen das Gegenteil. Ebd., Best.
Gen.staatsanwalt, Nr. 218.
51 Sorge des Reichsarbeitsministers, z.B. die Entlassungen von Beamten und Arbeitern gleichzeitig auszu¬
sprechen. BA Koblenz, Best. R 18, Nr. 5, S. 233. Eine Lösung sah das Reichsjustizministerium nur auf
dem" Verwaltungswege" oder in einer "Verpflanzung in das Innere des Reiches", gedacht war an 60-70
Personen wöchentlich. Ebd. S. 241 ff. Das AA befürwortete vor allem, daß infolge der Römischen
Abkommen eine auswärtige Macht das Recht hatte, die Sache vor das Haager Schiedsgericht zu brin¬
gen. Ebd. S. 241.
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