Full text: NS-Politik an der Saar unter Josef Bürckel

fangsphase als Versuch zur Zerstörung des Vertrauens zwischen Gerichtshof und 
deutschem Staatsvertreter bzw. später, als die Urteile nicht in dem erhofften Sinne 
ausgefallen seien, als direkten Angriff auf den Gerichtshof, indem man ihn als 
völligen Versager hingestellt habe. Die Artikel hätten nur insofern Wirkung ge¬ 
zeigt, als vorübergehend bei einzelnen Richtern eine gewisse Ängstlichkeit in der 
Abweisung von Rekursen zu beobachten gewesen sei45. 
Noch in den Jahren danach häuften sich bei den Gerichten des Saarlandes die 
Schwierigkeiten in puncto Beachtung der Römischen Abkommen vom 2, Juni und 
3. Dezember 1934. So kamen die saarländischen Gerichte vor allem auf zwei Ge¬ 
bieten in weitere Berührung mit den Römischen Abkommen, einmal vor den Ar¬ 
beitsgerichten (Kündigungswiderrufsklage), wenn die Leiter öffentlicher Betriebe 
(Eisenbahn, Grube, städtische Straßenbahn) Arbeitern gekündigt hatten, die wäh¬ 
rend der Abstimmungszeit oder vorher gegen die Rückgliederung des Saarlandes 
eingetreten waren oder nicht doch wenigstens durch Zugehörigkeit zur Deutschen 
Front sich positiv für die Rückgliederung eingesetzt hatten; zum anderen wurden 
in den Strafakten Feststellungen der Polizei über das politische Verhalten von An¬ 
geklagten in der Frage der Abstimmung verwertet, so daß die Strafgerichte teil¬ 
weise später in Zweifel gerieten, ob die Römischen Abmachungen von ihnen noch 
zu beachten waren46. 
Gauleiter Bürckel selbst hatte Anfang Januar 1937 angeregt, die Beamten, Ange¬ 
stellten und Arbeiter, die sich vor und während der Abstimmung "landesverrä¬ 
terisch" verhalten hatten und auch zu diesem Zeitpunkt noch der gleichen 
Überzeugung waren, aus den Staatsbetrieben zu entfernen; dieser Aufforderung 
war die Reichsbahndirektion sofort nachgekommen und hatte bis zum 3. April 
1937 44 Arbeiter entlassen. 80 weitere Entlassungen waren geplant, 40 Beamte 
sollten in den Ruhestand versetzt werden; 30 von ihnen hatten beim Arbeitsgericht 
Widerrufsklage erhoben. Ähnliche Verhältnisse gab es in anderen Verwaltungen 
des Saargebietes: so bei der Stadtverwaltung Saarbrücken die Versetzung von 2 
Beamten in den Ruhestand und die Entlassung von 70 Arbeitern oder bei der 
Saargrubenverwaltung die Kündigung von 40 Arbeitern, angeblich aus innerbe¬ 
trieblichen Gründen, die Erklärung an 180 Beamte und Angestellte, sie nicht in 
den Dienst der zu gründenden Aktiengesellschaft zu übernehmen sowie die Ab¬ 
sichtserklärung, auch 1300 Bergarbeiter zu entlassen47. 
Selbst im Reichsinnenministerium vertrat man die Auffassung, daß diese Entlas¬ 
sungen nicht mehr mit Betriebsumstellungen begründet werden konnten, zumal 
45 Abschlußber. Welschs v. 28.4.1936. AA..betr. Abstimmung adhoc III, Garantieabkommen, Bd. 3. 
46 Sehr, des Reichsmin. d. Justiz an den RuPMdl v. 3.4.1937 unter Bezug auf einen Bericht des Landes¬ 
gerichtspräsidenten in Saarbrücken. BA Koblenz, Best. R 18, Nr. 5.411, S. 223ff. Auch 1937 und 
1938 noch wurden Aufenthaltsgenehmigungen für das Saarland unter dem Gesichtspunkt des Wohlver¬ 
haltens zur Rückgliederung erteilt. LA Saarbrücken, Best. Min.d.Inn., Nr. 70 u. 71. 
47 Sehr, des Reichs- und Preuß. Verkehrsmin. an den RuPMdl v. 3.4.1937. BA Koblenz, Best. R 18, Nr. 
5.411,8. 231. 
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