Erklärung angelegt wurde; an dieser Aufstellung waren neben den pfälzischen
Bezirksämtern auch der Bürgermeister von St. Ingbert sowie der Landesleiter der
NSDAP/Saar, Pirro ("ohne daß er weiß, von wem die Sache kommt"), beteiligt.
Voigt stellte ganz klar heraus, "daß unbedingt Vorsorge getroffen werden" müsse,
"daß im Saargebiet selbst mit allergrößter Genauigkeit und Sorgfalt jeder einzelne,
auch noch so kleine Fall notiert werden" müsse, "der den Franzosen als Verstoß
gegen die Garantien ausgelegt werden" könne, "also insbesondere Ablehnungen
oder Verlegungen oder Bestrafungen von Bergleuten aus politischen Gründen,
Werbungen für die französischen Schulen mit unzulässigen Methoden usw,"12.
Die "nutzbringende Tätigkeit" für die Deutsche Front, die Spitzeldienste der Ver¬
trauensleute sowie die entsprechende Auswertung des Materials durch die
"Zentralstellen" des Reiches kommen in dem gesamten Schriftverkehr klar zum
Ausdruck13.
Ohne Garantieerklärungen wären mit Sicherheit von deutscher Seite Maßnahmen
gegen Rückgliederungsgegner in größerem Stil zu befürchten gewesen. Dies belegt
die Anfrage Barths im Auftrag Bürckels vom 6. November 1934 bei ORR Binder
zur Prüfung der Möglichkeit, gegen die "Personen, die aus Sabotageabsichten Tau¬
sende von Einsprüchen gegen die Abstimmungslisten eingelegt (hätten), nunmehr
ein Strafverfahren"14 durchzuführen. Binder sollte bei der Beratungsstelle der
Deutschen Front diesbezüglich Auskunft einholen; eine Liste mit 105 Adressen
war bereits beigefügt. Auch die zahlreichen Ermittlungen zu Personen15, die sich
im Laufe des Abstimmungskampfes gegen das Reich ausgesprochen hatten, lassen
die Vermutung zu, daß diese Angaben auch ausgewertet und bewertet werden soll¬
ten, - und in vielen Fällen später trotz Garantien geahndet wurden; solche speziel¬
len Nachforschungen leistete z.B. die Polizeidirektion Ludwigshafen a.Rhein (als
12 Abschrift eines Sehr. Voigts an Watermann. Ebd. Bl. 176f.
13 ...
Aus dem Protokoll über einen Arbeiter namens Cavelius z.B., aufgenommen von Landgerichtsrat Freu¬
denberger, und anderen Schreiben ist ersichtlich, daß diesen Anweisungen in den folgenden Wochen
größte Beachtung geschenkt wurde. Cavelius war von seiner Firma (Société de distribution de gas et
électricité) in Metz entlassen worden, da er angeblich nicht der Union ffanco-sarroise beigetreten war.
Aufgrund seiner Meldung erhielt Cavelius durch die Vermittlung von Reichsstellen Arbeit beim
Reichsbahnausbesserungswerk Cannstatt/Stuttgart. Schriftverkehr Strohm (AA) - Binder v. 27.11.1934
bzw. 9.11.1935. Ebd. Nr. 1.416, Bl. 491-496. Ebenso: In die gleiche Richtung zielt die Mitteilung an
Binder einen Tag nach der Abstimmung, die Direktion der Grube Dudweiler habe den früheren kom¬
munistischen Funktionär Rohrbach (gen. Rohrbacher Hannes) entlassen; Rohrbach sei vor wenigen Ta¬
gen zur Deutschen Front übergetreten und habe im Rundfunksender Kaiserslautem davon gesprochen,
daß die Grubenverwaltung nur noch mit 35 Emigranten und Saarbündlem den Schacht aufrecht halte.
Schreibenv. 14.1.1935. Ebd. Bl. 501.
14 Ein entspr. Sehr, ging an die Beratungsstelle der Deutschen Front in Saarbrücken. Ebd. Nr. 1.424, Bl.
73-76. Vgl. den Antrag der Rechtsanwälte, Dr. Lehmann und Dr. Levy (Einheitsfront), beim Polizei¬
präsidenten (Mattem) in Saarbrücken zur Ausstellung von 16.000 Bescheinigungen zwecks Berichti¬
gung der Abstimmungs-Listen und Vornahme von Eintragungen zu Unrecht nicht eingetragener
Personen sowie die Ablehnung des Antrages. Ebd. Bl. 86f.
15 Ebd. Nr. 1.416 I.
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