Rhin nieder12. Daß allerdings auch saarländische Ansiedler sich in grenznahen
Départements befunden haben müssen, geht aus den Klagen der französischen
Handelskammern in der Nachbarregion hervor sowie aus entsprechenden Zei¬
tungsmeldungen13. Die Klagen der Association du Commerce de Sarreguemines
vom Mai 1934 beim Handelsminister und beim Verteidigungsminister durch den
Präfekten des Départements Moselle bezüglich der Zuwanderung von Saarländern
beziehen sich auf jene 15.000 Saarländer, die Anträge auf den Erwerb der franzö¬
sischen Staatsbürgerschaft gestellt hatten. Der Innenminister ging in seiner Ant¬
wort von einem aktuellen Stand von 3.000 Saarländern aus, in der Mehrzahl Ar¬
beiter bis auf 300 bis 400, denen die französische Staatsbürgerschaft bereits zuer¬
kannt worden sei. Er verneinte die Unterstellung, daß Saarländer ohne französi¬
sche Staatsbürgerschaft sich bei ihrer Einreise bereits im Besitz einer Aufenthalts¬
genehmigung befänden14; insbesondere hielt er die Befürchtungen bezüglich einer
daraus erwachsenden Konkurrenz für unbegründet. Daß eine nicht unerhebliche
Zahl von Saarländern (aber mit Sicherheit auch reichsdeutsche Flüchtlinge) sich in
den Grenzregionen aufhielt, belegt auch "le projet d'adaptation du plan de sécurité
à l'éventualité d'une immigration sarroise en France dans la période précédant ou
suivant le Plébiscite du 13 janvier 1935"15.
In Longwy meldeten sich Mitte Januar Saarflüchtlinge, aus Luxemburg kommend,
die, nachdem ihnen dort der Übergang nach Holland verweigert worden war, jetzt
in Frankreich Aufnahme suchten16; berücksichtigt man die zeitliche Meldung, so
dürften die Flüchtlinge kurz vor bzw. nach der Abstimmung die Saar verlassen ha¬
ben. Auch nach dem 13. Januar 1935 sind allerdings unter "Saarflüchtlingen" in
den jeweiligen Akten nicht immer emigrierte Saareinwohner zu verstehen, so daß
dieser Umstand nahezu in jedem einzelnen Fall zu überprüfen wäre. Unter dem
Druck der Ereignisse nach dem Abstimmungstermin würde sich, so befürchtete
man in Frankreich, jedoch die momentane Flüchtlingszahl stark erhöhen, was
nicht ohne innenpolitische Schwierigkeiten für das Gastland abgehen konnte.
Vierzig- bis fünfzigtausend Flüchtlinge hielt die deutsche Botschaft in Paris am
12 Dabei ist zwar die Rede von den Sarrois, qui chercheraient à prendre racine dans le Bas-Rhin, jedoch
fehlt die Trennung zwischen Saarländern und Reichsdeutschen; Liste vom April-Juli 1933. Ebd Ver¬
sement D 460, paquet 5, Nr. 36. Im Transfat en Russie ist auch die Rede von 3 Saarländern, die am
24.8.1934 aus dem Département nach Rußland auswandem wollten. Ebd Nr. 36.
13 Le Courrier de la Presse v. 22.11.1934. Ebd Nr. 36. On a procédé, au cours des dernières années à des
naturalisation nombreuses, trop nombreuses même, parmi les Allemands et les Sarrois résidant en
Alsace et en Moselle.
14 Immigration sarroise v. 8.8.1934. Ebd AL 98,688/3.
^ Ebd AL 98, 688/3 (Kredite, Transfert, Hilfen ...). Eine scharfe Differenzierung fehlt auch in dem
Schreiben des Innenministers v. 8.1.1935, der von 5.000 Weitergeleiteten von der Saar spricht oder
beim Präfekten des Départements du Bas-Rhin am 7.1.1935, der ein fichier central des Sarrois pénétrant
en France (sera tenu à la Préfecture de la Moselle) nennt; etwa 5.000 wurden danach nach Bordeaux,
Nantes u. Gap weitergeleitet. Ebd Versement D 460, paquet 6, Nr. 42.
16 So am 18.1.1935: Emst Mendel, S. Frank, Hermann Volweiler, Johanna Thiel. Arch. dép. de la M.-et-
M., Cote 4 M 227, pièce 4L
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