haltung bei der Mitgliederaufnahme deklarierte er nun als falsch, "die überwälti¬
gende Mehrheit mit Mißtrauen" zu behandeln, als irrig, und er ging so weit zu
fordern, "wer mir von den Parteiführern nicht auf diesem Wege folgen kann, der
mag die Konsequenzen ziehen"59. Künftig sollte die Mitgliedsnummer an der Saar
keine qualitative Bedeutung mehr haben, sondern nur eine technische. Wer also
seine Mitgliedskarte erst in einem Jahr bekomme, sei so wertvoll wie einer, der sie
schon einige Jahre besitze. "Ewige Rache üben, ist gewiß nicht der Bestandteil
einer anständigen Gesinnung. Als Voraussetzung verlange ich nur ehrenhafte Hal¬
tung, unbedingte Disziplin und den Willen zum Zusammenhalt, wie er einst um
die Tage des 13. Januar vorhanden war."60
Als eine Schutzbehauptung für spätere Aufnahmeverweigerungen befaßte er sich
anschließend noch mit den Auswirkungen des römischen Abkommens. Er wies die
Auffassung als falsch zurück, daß dieses Abkommen jetzt am 1. März ablaufe und
daß damit auch die Entlassung der Status quo-Anhänger erfolgen müsse. Das Ab¬
kommen bleibe vielmehr in Kraft. Lediglich das Oberste Abstimmungsgericht
werde verschwinden. Es sei bekannt geworden, daß einzelne bestellte Provokateure
nach dem 1. März Angriffe auf einzelne Status quo-Anhänger unternehmen woll¬
ten, um dadurch Deutschland Unannehmlichkeiten zu bereiten. Wer in dieser
Frage die notwendige Disziplin verletze, können niemals darauf rechnen, in die
Nationalsozialistische Partei aufgenommen zu werden.
Die Verwirklichung dieser Proklamation Btirckels vom 29. Februar 1936 ließ aber
noch bis zum 6. Juni auf sich warten. Erst dann veröffentlichte die Gauleitung die
entsprechenden Richtlinien über die Aufnahme von Angehörigen der Deutschen
Front in die NSDAP61. Danach hatten alle ehemalige Angehörige der Deutschen
Front ab dem 18. Lebensjahr die Möglichkeit, die Parteiaufnahme zu beantragen62.
Unter Beachtung der Aufhahmemodalitäten, der entrichteten Gebühr und eines
eventuellen Werbebeitrages entsprechend der wirtschaftlichen Lage des einzelnen
galt diese Regelung auch nur bis zum 1. Juli 1936. Nach diesem Zeitpunkt galt
wieder die allgemeine Mitgliedersperre. Diese Maßnahmen Bürckels nach einem
Jahr NS-Herrschaft an der Saar lassen massive innere Schwierigkeiten vermuten.
Der Ansturm auf die Parteimitgliedschaft hatte nachgelassen, die Verdienste alter
Parteigenossen waren nicht durch entsprechende Ämterzuteilungen anerkannt
worden, und die wirtschaftlichen Versprechungen hatten sich nicht erfüllt, so daß
bereits zu diesem Zeitpunkt eine gewisse Ernüchterung der Saarbevölkerung nach
dem "Heim ins Reich"-Enthusiasmus konstatiert werden kann.
Bliebe noch die Frage zu klären, inwieweit Saarbrücken als Sitz von Bürckels
Reichskommissariat die Chance gehabt hatte, auch den Sitz der Gauleitung zu er¬
halten, zumal anläßlich einer Besprechung am 14. November 1935 im Reichsin-
nenministerium bei einer Diskussion über die Notwendigkeit des Neubaues eines
59 NSZ-Rheinfront Nr. 51 v. 29.2.1936.
60 Ebd. Nr. 51 v. 29.2.1936.
61 S.Z. Nr. 152 v. 6.6.1936.
62 Gemäß den Voraussetzungen des Gauleiters in der NSZ-Rheinfront Nr. 51 v. 29.2.1936.
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