Wohl in der Erkenntnis der sich verzögernden Reichsreform plädierte er für ein
"Land", regiert von einem Reichsstatthalter im Sinne einer Länderregierung; dabei
sollten die Kreisregierung in Speyer und das Reichskommissariat für das Saarland
die Funktion nachgeordneter Behörden erhalten. Mit dieser Verwaltungseinheit
Pfalz-Saar, die die Errichtung einer Gebietskörperschaft, die Bildung von Behör¬
den innerhalb der Mittelinstanz Reichskommissariat und letztlich die Ausschal¬
tung der zumindest von Bürckel so empfundenen Bevormundung durch den
Reichsinnenminister bedingt hätte, wäre Bürckels Position enorm aufgewertet
worden. Aus wirtschaftlichen, verwaltungsmäßigen, finanziellen und organisatori¬
schen Erwägungen heraus lehnte das RMdl diese Konzeption ab, nicht zuletzt da
Folgeansprüche der übrigen Reichsstatthalter nicht ausgeblieben wären; aber auch
im Hinblick auf das im Saarland anstehende Problem der Pfälzer Übergewichtung
wurde in verschiedenen Ministerien argumentiert3.
Eine Lösung mußte daher auf geringeren Ansprüchen basieren, als Bürckel sie
gefordert hatte. Wie ernst es ihm jedoch mit seinem Plan war, kommt in seinem
Begleitschreiben zu dem an Frick gesandten Entwurf vom 26. September 1935
zum Ausdruck; er erklärte, daß das Zwerggebilde Saar unmöglich noch einen Tag
länger als notwendig selbständig bestehen bleiben dürfe4. Der Entwurf des Geset¬
zes über eine Verwaltungsgemeinschaft zwischen dem Saarland und der Pfalz vom
10. Oktober 19355 sah Bürckel dann als Reichsstatthalter im Saarland und in der
Pfalz (d.h. der bisher dem Reichsstatthalter in Bayern unterstellte Amtsbezirk
Pfalz wird durch Weisung Hitlers Bürckel zugewiesen), ausgestattet mit gewissen
Ministerialfunktionen durch Verzicht der bayerischen Regierung sowie mit dem
ihm unterstellten Regierungspräsidenten in Saarbrücken und dem stellvertretenden
Regierungspräsidenten in Speyer für die Pfalz; evtl, hätte Bürckel auch das Amt
des pfälzischen Regierungspräsidenten gleichzeitig mit übernehmen können. Das
Modell scheiterte an der Zuerkennung von bayerischen Befugnissen an die neue
Behörde bzw. an Bürckel selbst; viel lieber hätte man in München (Min.Präs.
Ludwig Siebert; Gauleiter von Oberbayem, Adolf Wagner, als bayerischer Innen¬
minister; die Staatssekretäre als Leiter der übrigen Ministerien) wohl den Vor¬
schlag des Reichsinnenministeriums unterstützt, der Bürckel als Mitglied der
bayerischen Landesregierung und Minister für die Pfalz vorsah.
Die einfachste Lösung erblickte das RMdl am 12. Oktober 1935 in einem Modell,
das die Pfalz aus dem Land Bayern heraustrennte und, wie das Saarland, unmittel -
3 Zur Frage der Dringlichkeit der Regelung des Problems Saarpfalz mußte der Reichsinnenminister mit
Sehr. v. 5.12.1938 einräumen, daß "die Wirtschaftskreise" sowie "die meisten Sonderverwaltungen des
Reiches inzwischen die zwischen dem Saarland und der Pfalz bestehende Verwaltungsgrenze durch
Schaffung einer großräumigeren Verwaltungseinheit überbrückt hatten". Ebd. Nr. 391, Bl. 9f. Zur
Pfälzer Obergewichtung s. Hess. StaatsA Darmstadt, Abt. O 31, Nr. 94.
4 Abschr. Bürckel an Frick am 26.9.1935. HStA München, Best MA 105.290.
^ Sehr. vonMedieus v. 10.10.1935 mit einer "Denkschrift Pfalz-Saarland" mit Gesetzentwurf BA Koblenz, Be&
R 18, Nr. 5.411, Bl. 25-80. Vgl. H.-W. Herrmann, Pfelz und Saarland, S. 332£, bes. Arm 43.
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