etablierte und alt eingesessene Parteien sich sogar auflösten (Deutschnationale
Volkspartei am 30. September 193311; Deutsch-Saarländische Volkspartei mit der
Bürgerlichen Mitte am 6. Oktober 1933; Zentrum im Oktober 1933), standen die
Sozialdemokraten und Kommunisten an der Saar noch uneins abseits. Max Braun,
der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei des Saargebietes, Mitglied des
saarländischen Landesrats und Redakteur der Saarbrücker "Volksstimme", äußerte
sich am 16. Oktober 1933 auf einer Saarbrücker Versammlung erstmals zum neu¬
en Kurs: "Solange dieses Blut- und Henkerregime Deutschland vergewaltigt, ist an
eine Rückkehr des Saargebietes nicht zu denken."12
Die KP/Saar konnte sich erst im Juni 1934 nach vorheriger Zustimmung des Zen¬
tralkomitees der Kommunistischen Partei Deutschlands und personellen Verände¬
rungen im Sekretariat (Ersetzung von Paul Lorenz anfangs Juni 1934 durch Fritz
Pfordt) auf den neuen Kurs einigen13, propagierte aber weiter die revolutionäre
Erhebung im Reich und versuchte, "Christliche Arbeitsbrüder"14 unter Anknüp¬
fung an die Auflösung der Zentrumspartei für sich zu gewinnen: "Bildet Kampf¬
komitees gegen die Rückgliederung. Bildet Kampfkomitees in allen Betrieben, in
allen Wohnvierteln und Dörfern. Schlagt Hitler an der Saar im revolutionären
Gleichschritt mit dem gesamten deutschen Proletariat."15
Zum ersten gemeinsamen Vorgehen der bisherigen feindlichen Brüder kam es mit
der Schaffung der Aktionsgruppen "Eiserne Front" und "Massenselbstschutz"
durch Sozialisten und Kommunisten. Doch erst mit der Bildung der
"Einheitsfront" durch Sozialdemokraten (Eiserne Front: SPD/S, Jungsozialisten
und SAJ, SSB, Arbeiterwohlfahrt, Arbeiter-Sport- und Kulturvereine, Arbeitersa¬
mariterbund, Tour. "Verein die Naturfreunde") und Kommunisten (Massenselbst¬
schutz: KPD/S, KJ, Roter Frontkämpferbund RGO, Rote Hilfe, Arbeitersamariter¬
bund - namensgleich mit dem der sozialdemokratischen Gruppe, Rote Arbeiter-
Sport- und Kulturvereine, Tour. Verein "Die Naturfreunde" - noch nicht in Sozial¬
demokraten und Kommunisten gespalten) erwuchs den Nationalsozialisten eine
ernstere Gegnerschaft16. Nicht beteiligt war auf Landesebene die Saarländische
christlichen Gewerkschaften des Saarlandes im Oktober 1933. LA Saarbrücken, Best. Einzelstücke Nr.
97 (Personaldoss. A Spaniol), Reprod. BDC.
11 K. Bartz, Weltgeschichte, S. 29. M. Zenner, Parteien, S. 288.
12 "Volksstimme" Nr. 242 v. 16.10.1933. Vgl. E. Kunkel, Die Sozialdemokratische Partei, S. 71-90. Sie¬
he auch: D.M. Schneider, Max Braun, S. 307-336.
13 Vgl. M. Zenner, Parteien. S. 304. Ebenso L, Bies, Klassenkampf, S. 106-116.
14 H. Prantl, RPB, S. 17.
15 "Arbeiterzeitung" v. 6.6.1934.
16 E. Kunkel, Die Sozialdemokratische Partei, S. 90-102, bes. S. 90. K. Pech, Die KPD, S. 29f. L. Bies,
Klassenkampf, S. 106-129. M. Zenner, Parteien, S. 302-305. P. v.z. Mühlen, "Schlagt Hitler an der
Saar!", S. 195-210. Zu den Einheitsfront-Demonstrationen vgl. AZ. v. 27.6.1934. Ab 1937 verschärften
sich in der franz. Emigration die Spannungen zwischen emigrierten Sozialdemokraten und Kom¬
munisten. So wurde z.B. R. Kim in Abwesenheit bei einer Konferenz des lothr. Bergarbeiterverbandes
beschuldigt, ein Spitzel der Gestapo zu sein.
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