♦ die Herausgabe von eigenen Lokalblättern wie die "Deutsche Front" (ab November 1933), "Der Ru¬
fer im Warndt" (ab Anlang 1934), 'Der Wächter im Gau" (ab August 1934)51.
An der Auseinandersetzung um die Macht der Medien beteiligte sich seit 1933
nicht zuletzt auch die Reko des Saargebietes, die aufgrund ihrer Verordnungen zur
Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung die Pressefreiheit gewaltig be-
schnitt. Im Jahr 1933 erließ sie immerhin 39 Zeitungen- und Druckschriftenverbo¬
te für über 505 Tage, und 1934 waren es bereits 66 Verbote für über 525 Tage.
Verbotsaufhebungen von Zeitungen und Druckschriften erfolgten 1933 sechs:
Kölnische Zeitung, Südwestdeutsche Bauemzeitung, Berliner Illustrierte Nacht¬
ausgabe, Sonntag-Morgen, Simplicissimus und Saar-Front; 1934 fünf: Deutsche
Volkszeitung, Stuttgarter Neues Tageblatt, Frankfurter Zeitung, Deutsche Allge¬
meine Zeitung und Germania; gemäß VO der Reko wurden am 24. Januar 1935 23
Zeitungen und Zeitschriften im Saargebiet wieder neu zugelassen52. Die zahlrei¬
chen Verbote lieferten der Reichsregierung die entsprechenden Vorwände zum
Vergleich mit einer Politik der frühen 20er Jahre53, und sie schwächten, ungeach¬
tet der rechtlichen Grundlage, das ohnehin negative Bild der 15jährigen Saarver¬
waltung sowie die Überlegungen zu einer Beibehaltung des gegenwärtigen Regi¬
mes gewaltig und arbeiteten den Verfechtern der Rückgliederungsbewegung offen
in die Arme.
Im Gegensatz zu den massiven Pressemitteln der Deutschen Front blieben der Ge¬
genseite nur 6 Zeitungen:
♦ 2 sozialdemokratische Zeitungen, die "Volksstimme" mit einer Auflage von 5.000 und
die "Saarländische Gewerkschaftszeitung" mit 8000 Exemplaren,
♦ 1 kommunistische Zeitung, die "Arbeiterzeitung" (erst seit Mai 1933 erschienen),
♦ 1 Zeitung auf seiten der katholischen Opposition, die "Neue Saar- Post" mit 9000 Ex¬
emplaren,
♦ 2 frankophile Zeitungen, das "Saarlouiser Journal"54 und der "General-Anzeiger für
das Saargebiet"55.
Eine ähnliche Situation finden wir auf seiten des Rundfunks56. Da im Saargebiet
ein eigener Sender fehlte, übernahmen ab 1930 Reichssender (Kölner Rundfunk,
Südwestdeutscher Rundfunk in Frankfurt) mit speziellen Saar-Programmen diese
Aufgabe. Der antifaschistischen Einheitsfront stand für ihre Belange in nur gerin¬
gem Maße zeitweilig der Straßburger bzw. der Luxemburger Sender zur Verfü¬
gung57.
51
Zu den vorsichtigen "Anweisungen" an die Saarpresse durch das Reich vgl, F. Jacoby, Herrschafts-
Übernahme, S. 129-133.
52 VO Nr. 65 v. 24.1.1935.
53 Vgl. H. Baldauf, Fünfzehn Jahre publizistischer Kampf, S. 202.
54 P. Lempert, "Das Saarland den Saarländern!", S. 421-434.
55 Ebd. S. 435-438.
56 Zum Rundfunk s. ausführlich X. Kap. 2.
57
Zur zurückhaltenden Haltung franz. Sender wie bei Brauns Rede über den Straßburger Sender vgl. S.Z.
Nr. 7 v. 8.1.1935. Ausführlicher im VII. Kap. 2.
119