Staatspolizei stelle für das Saarland vom 4. Juli 1935; und der Lagebericht vom 5.
August 1935 nennt gemäß der Mitteilung der Außenstelle der Gestapo in Neunkir¬
chen nur einen einzigen Pfarrer der Bekenntnisfront, Pf. Wardenberg in Neunkir¬
chen, der bisher als Opponent in Erscheinung getreten sei.
Insgesamt war der Kirchenkampf in den zur Protestantischen Kirche der Pfalz ge¬
hörenden evangelischen Saargemeinden weitaus ruhiger verlaufen. Zum einen war
dieser Gebietsteil der kleinere Saarteil, Anhängsel eines sich bereits in Hitler-
Deutschland befindlichen Gebietes, wo Bürckel bereits vor der Saarabstimmung zu
einer gewissen Machtposition gekommen war, zum anderen spielte die Pfälzische
Landeskirche als eine der kleinsten Gliedkirchen in der DEK auf nationaler Ebene
eine untergeordnete Rolle. Maßgebenden Einfluß auf das protestantische Lager in
der Pfalz, einschließlich Saar-Teil, hatten Bürckels Parteigänger, wie die pfälzi¬
schen Oberkirchenräte Barth und Stichter, der stellvertretende Gauleiter Leyser
(als Beauftragter der Gauleitung für Kirchenfragen)174 sowie Bürckels späterer
Leiter der Abt. III (Kultus und Schulwesen), Fritz Wambsganss175; letzterer war
auf der Landessynode der Pfälzer Landeskirche vom 5. März 1934 zum Nachfolger
des noch dort verstorbenen Synodalpräsidenten, Heinrich Engel, gewählt worden,
wodurch später ein weiterer NS-Spitzenfunktionär und Vertreter des Protestantis¬
mus in das spätere saarländische Reichskommissariat einzog. Aber auch Bürckels
Vorstellungen zur Saar dürften zu einer gewissen Beruhigung beigetragen haben,
gingen seine Pläne doch eindeutig in Richtung Saar-Pfalz und nicht Saar-Preußen.
Auch auf protestantischer Seite hatten sich von außerhalb des Saargebietes Stim¬
men zur Rückgliederung zu Wort gemeldet. Unter Hinweis auf das Fortbestehen
des Treuebündnisses der evangelischen Synoden und Gemeinden im Saargebiet
mit ihrer Heimatkirche nicht nur während der vergangenen 15 Jahre, sondern seit
der Reformationszeit, wurde die Botschaft des Evangelischen Oberkirchenrates der
altpreußischen Union am Neujahrstage verlesen; doch die Forderung an die Gläu¬
bigen ging noch weiter: "Vor Euch steht der entscheidende Tag der Abstimmung.
174 Aus einer Pietistenfamilie; er glaubte an die Vereinbarkeit von NS-Weltanschauung und Christentum.
In Homburg (bayerische Pfalz) am 10.9.1896 geb., Unteroffizier und Offiziersaspirant im I. Weltkrieg,
1920 Angestellter bei der Reichsbahn, seit 8.10.1920 NSDAP-Mitglied, 1923 Mitglied der Ortsgruppe
Starnberg, ab 1927 stellvertretender Gauleiter, Vorsitzender im Gaugericht (von etwa 1927/28) bis
1.8.1934, am 24.4.1932 in den bayerischen Landtag gewählt, ab 12.11.1933 Mitglied des Reichstages,
am 1.3.1935 "Aufmarschleiter" für das Defilee der Formationen vor Hitler in Saarbrücken, ab 1941
von Bürckel immer mehr in den Hintergrund gedrängt, nach dem Überfall auf die Sowjetunion ins
"Aulbaugebiet des Ostens” (Shitomir im Reichskommissariat Ukraine) abgeschoben, im September
1943 abgelöst, im September 1944 "Gauinspekteur bei den Schanzarbeiten in Lothringen/Saargebiet",
Ende des Krieges 1945 in Wiesbaden, gest. am 6.12.1973 in Bad Bergzabern. Vgl. D. Wolfanger, Emst
Ludwig Leyser, Jahrb. f westdt. Landesgesch., 14/1988, S. 209-217.
175
Deutsch-christlicher Synodaler, Lehrer und Schulrat aus Kaiserslautem; lt. Mitteilung Diehls (1973) in
den 20er Jahren Vorgänger Bürckels als Gauleiter, in den 30er Jahren Führer des pfälzischen NSDL.
Sein Bruder, Pfarrer Georg Wambsganß (Dammheim), zählte zu den Religiösen Sozialisten in der
Pfalz.
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