Die Escher Volkszählungsdaten lassen auf ein wiederum anderes Phänomen schließen.
Der Anteil männlicher Einwohner war hier in Phase A am höchsten (61,4 %), fiel dann
in Phase B deutlich ab (54,1 %), um in Phase C erneut anzusteigen (56,0 %). Die
Anteilswerte für Männer unter den nicht Ortsgebürtigen, vor allem unter den nicht
ortsgebürtigen Ausländem, folgten dieser Wellenbewegung, jedoch mit um zwischen fünf
(B) bzw. 14 (A) und 12 (C) Prozentpunkte höher liegenden Zahlen als in der Gesamt¬
bevölkerung. Für die luxemburgische Industriegemeinde kann demnach von wahr¬
scheinlich zwei durch verstärkte Immigrationen begleiteten Industrialisierungsschüben
(Phasen A und C) ausgegangen werden, was sich in je einem enormen Anstieg männ¬
licher Zuwanderung gegenüber einer stark abgeschwächten weiblichen Zuwanderung
bemerkbar machte.42 Auf die natürliche Bevölkerungsbewegung kann diese sprunghafte
Entwicklung mit Sicherheit nicht zurückgeführt werden. Ausdruck des zweiten Indu¬
strialisierungsschubes mit einem schlagartig erhöhten Arbeitskräftebedarf in Phase C ist
beipielsweise der im Jahre 1903 90prozentige Männeranteil an der Gesamtzuwanderung
in Esch. Strukturprägend wirkte sich speziell hier die von Diedenhofen und Malstatt-
Burbach verschiedene, außerordentlich hohe Ausländer(fem)zuwandeningsquote aus. Zwar
waren von den Escher Neubürgem des Jahres 1903, welche aus anderen luxemburgischen
Gemeinden übersiedelten, bereits über drei Viertel (77,0 %) Männer, doch wurde dies
von den mehr als anderthalb mal soviel Zuwanderem, die vom Ausland her zureisten,
mit einem Männeranteil von über 96 Prozent nochmals übertroffen.43
Die konfessionelle Zusammensetzung der Zuwandererschaft änderte sich über die gesamte
Erhebungsperiode nicht in dem Umfang wie das Geschlechterverhältnis. (Tab.9)44 Die
42 Vgl. diesbezüglich nochmals die Darstellung der jährlichen Bevölkenmgswachstumsraten in
Kapitel D, Abschnitt a): Die Escher Wachstumsraten stagnierten in Phase B vergleichbar Malstatt-
Burbach, waren aber zuvor (A) als auch danach (C) größtenteils wesentlich stärker ausgeprägt
als in der saarländischen Kommune.
43 Vgl. Mouvement de la Population 1903, S.10. Didlinger, Ausländische Bevölkerung Esch/Alz.,
S.49; Weber, Ausländer in Düdelingen, S. 108f.; Reitz, Immigration étrangère à Differdange, S. 111
zeigen, daß diese extrem hohen männlichen Zuwandereranteüe auch für das Jahr 1910 galten,
und zwar für alle südluxemburgischen Industriegemeinden. Der Männerüberhang unter den zu-
wändernden Italienern zeitigte stets Anteüswerte von weit über 90 Prozent; von den deutschen
Immigranten waren je nach Gemeinde etwa 70 bis 80 Prozent männlichen Geschlechts.
Die prozentualen Anteüe von Angehörigen anderer Religionsgemeinschaften über die drei
aufgeführten Konfessionen hinaus bewegten sich in einer Größenordnung von weniger als 0,1
Prozent des Gesamtwanderungsaufkommens in den Untersuchungsgemeinden. Dazu gehörten
Methodisten, Russisch-Orthodoxe sowie freireligiös-atheistische Personen. Die Konfessions¬
angaben über Einzelwanderer in Phase A fallen mit insgesamt nur 29 Nennungen zu spärlich
aus’11111 inhaltlich interpretierbar zu sein; daher wurde auf eine Wiedergabe der diesbezüglichen
Prozentwerte verzichtet.
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