schätzender Wanderungskontakt mit dem rheinisch-westfälischen Industriegebiet, und
nach 1890 stellte sich ein bedeutender Italienerzuzug in allen Teilregionen ein.
Dieser Aspekt wurde vor allem in der Saarlandforschung bislang deutlich vernachlässigt.
Die übliche Einengung der Perspektive auf den preußischen Staatsbergbau, wo weder
die Italiener noch deutsche Arbeitskräfte aus mittleren bis weiten Distanzen ein größere
Rolle spielten, verstellte bislang den Blick für die andersartigen Verhältnisse innerhalb
der Fabrikarbeiterschaft bzw. in den Hüttenstädten der Region. Dabei gestaltete sich der
Wanderungsaustausch der Saarhüttenstadt gerade mit Westdeutschland (Hessen, Westfalen
und nördliches Rheinland) zwischen 1856 und 1910 per Saldo intensiver als mit dem
benachbarten Lothringen. Allerdings stellten der Hunsrück - und darin besonders das
Fürstentum Birkenfeld - sowie die westliche Rheinpfalz neben den preußischen Saar¬
kreisen die Hauptrekrutierungsgebiete Malstatt-Burbachs dar. (S.146ff.)
Auch in Diedenhofen waren westdeutsche Wanderungskontingente verhältnismäßig stark
vertreten, jedenfalls stärker als etwa die Elsässer. Die Grenzlage der lothringischen
Gemeinde bedingte einen vermehrten Wanderungsaustausch mit Belgien und Frankreich;
der Arbeitskräftebedarf der verspäteten Industriestadt konnte nur durch einen um¬
fangreichen Italienerzuzug gedeckt werden. In erster Linie entstammten die Zuwanderer
in der Gamisonsstadt aber, wie in der Saarhüttenstadt, dem eigenen Hinterland. Bezüglich
des lothringischen Zuzuges wirkte sich in diesem Zusammenhang die Dichotomie
zwischen der nordöstlichen Industriezone um Diedenhofen und Metz sowie den restlichen
Kreisen des Reichslandbezirks aus. Denn der Wanderungsbeitrag letzterer blieb äußerst
bescheiden, wobei einerseits der Unterschied zwischen landwirtschaftlicher und indu¬
strieller Lebenswelt zum Tragen kam, und sich andererseits der Kreis Forbach, der über
einige größere Industriebetriebe verfügte, eher auf das nähere Saarrevier hin orientierte.
Am Diedenhofener Beispiel läßt sich ablesen, daß Lothringen - sicherlich aufgrund seiner
geographischen Lage - unter den drei Teilregionen wohl am stärksten mit seinen beiden
Nachbarterritorien, Saarrevier und Luxemburg, sozial vernetzt war; denn abgesehen von
den Lothringern waren Saarländer und Luxemburger in der Moselgemeinde überpropor¬
tional repräsentiert. (S.löOff.)
Offener für den Arbeiterzuzug von außerhalb der engeren Saar-Lor-Lux-Region als die
beiden Vergleichsstädte gab sich die Gemeinde Esch/Alz., wenn auch die Luxemburger
selbst zwei Drittel der Einwohnerschaft stellten und vor allem mit Lothringen durchgängig
ein reger Wanderungsaustausch unterhalten wurde, während sich der saarländische
Zuzugsanteil insgesamt relativ bescheiden ausnahm. Insbesondere die außerdeutsche
Immigration besaß im Großherzogtum Gewicht. Die stete Frequentierung der südluxem¬
burgischen Industriegemeinde durch Belgier, Franzosen und Italiener war trotz der damit
verbundenen sozialpolitischen Probleme zumindest unter nationaipolitischen Gesichts¬
punkten durchaus erwünscht, um die arbeitsmarktpolitische Abhängigkeit des souveränen
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