Es fällt auf, daß in Malstatt-Burbach sowohl unter der Gesamtheit der Zuwanderer als
auch besonders unter den Familienwanderern die Gruppe der jugendlichen Kinder im
Vergleich zu den beiden vorhergehenden Altersklassen wie zu den nachfolgenden
Kategorien verhältnismäßig schwach besetzt war. Ursache hierfür könnte der Umstand
sein, daß gerade die jugendlichen Kinder aufgrund einer gewissen unterstellbaren
Fähigkeit zur Eigenverantwortung einerseits in den Umzug der Kemfamilie nicht mehr
unbedingt miteinbezogen werden mußten und andererseits im Stande waren eine
begonnene Schul- oder Berufsausbildung bzw. Berufsausübung unter der Obhut eines
Verwandten oder Arbeitgebers alleine durchzustehen. Im Interesse eines Schulabschlusses
bzw. einer beruflichen Etablierung konnte oder mußte speziell diese Altersgruppe vor
den Risiken eines Wohnortwechsels bewahrt werden, wodurch sich diese Alterskategorie
als besonders immobil darstellte.
Bevor die spezifischen familiären und beruflichen Befindlichkeiten der Immigranten in
den Blickpunkt gerückt werden, sei in aller Kürze zusammenfassend festgehalten, daß
das Erscheinungsbild der mobilen Bevölkerungsteile in den Industriestädten der Saar-
Lor-Lux-Region in der zweiten Hälfte des 19. und zum Beginn des 20. Jahrhunderts
unter idealtypischen Gesichtspunkten von Zuwanderem männlichen Geschlechts und
katholischen Bekenntnisses im jungen Erwachsenenalter, und zwar mit kontinuierlicher
Verjüngungstendenz, dominiert wurde.
2. Die familiäre und berufliche Situation
2.1 Einzel- und Familienwanderer
Im vorangehenden Text wurde bereits mehrfach eine Unterscheidung zwischen Familien-
und Einzelwanderem getroffen. Einziges Einteilungskriterium waren dabei die Ver¬
zeichnungskategorien der Malstatt-Burbacher Melderegister. Die Größenordnung der
Individualwanderung im Verhältnis zur Familienmigration ist per se jedoch noch nicht
angesprochen worden.
Nach 1875 kamen auf 100 Immigranten sowohl in Maistatt-Burbach als auch in
Diedenhofen deutlich mehr als 50 Personen, welche den Umzug alleine in Angriff
nahmen. (Tab.12)48 Der Anteil der "Singles” an der Gesamtzuwanderung stieg nach
1890 in Malstatt-Burbach auf über 60 Prozent an und machte in Diedenhofen während
dieser Phase gar mehr als zwei Drittel (66,9 %) des Zuwanderungsaufkommens aus, ein
48 Die Prozentzahlen Lm Zeitraum vor 1876 (A) werden durch den relativ hohen Anteil der in
keine Kategorie einzuordnenden Personen verfälscht, so daß sich hier keine präzisen inhaltlichen
Aussagen treffen lassen.
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