Zur Geschichte der weiteren Verehrung Konrads in Tholey, als deren Ansatzpunkt der
Wunderabschnitt der Vita (cap.7-8) gelten kann, sei auf die umfängliche heimatkundliche
Literatur verwiesen.146
Gerade die vom Hagiographen mehr beiläufig eingestreuten Informationen versprechen
dem Historiker die wertvollsten Aufschlüsse. So verhält es sich auch bei Theoderichs Er¬
wähnung einer Burg Novallis, die dem Bischof von Verdun gehört habe.147 Obwohl sich
diese Burg dem Kontext der Stelle nach nicht weit von Tholey befunden haben kann, ist
dieser Beleg von der saarländischen Burgenforschung bislang übersehen worden. Nun ist
die Burg Nohfelden nachweislich erst ein Bau des späten 13. Jahrhunderts. Bei der in der
Vita Konradi genannten Anlage handelt es sich vielmehr um ihren Vorgängerbau auf dem
Schloßberg bei Birkenfeld-Neubrücke. Dort haben Grabungen in den zwanziger und
fünfziger Jahren Funde von Keramik des 12. Jahrhunderts zutage gefördert.148 Der Sage
nach ist die Burg, die den Verduner Bischöfen des 11. Jahrhunderts zur Sicherung des Na¬
heübergangs bei Neubrücke und der Straße von St. Wendel ins Birkenfelder Land diente,
als Raubritternest von König Rudolf von Habsburg zerstört worden.
3.3.3. Die Autorschaft des „Privilegium Maius“
Als Theoderich von seiner Mission zu Wibert von Ravenna nach Trier zurückkehrte,
überbrachte er Erzbischof Egilbert mehrere Schriftstücke. Leider verschweigt der Trierer
Chronist bewußt den Inhalt dieser decreta des Gegenpapstes, doch handelte es sich der
Formulierung nach um nähere „Ausführungsbestimmungen“ zum Tragen des Palliums,
wie sie von Schreiben früherer Päpste her bekannt waren.149 In diesem Zusammenhang
nehmen Teile der neueren Forschung den ehemaligen Tholeyer Mönch für eine großange¬
legte Fälschungsaktion in Anspruch. 1982 publizierte Robinson im Deutschen Archiv
einen Aufsatz, in dem er die These verfocht, Theoderich sei der Urheber des sogenannten
Privilegium Maius.150 Dieses angebliche Investiturprivileg Papst Leos VIII. für Kaiser
Otto I. bildet zusammen mit dem Decretum Hadrianum, dem Privilegium Minus und der
Cessio Donationum die bekannte Gruppe der „Ravennater Fälschungen“, die seit den
1080er Jahren von kaiserlicher Seite in Umlauf gebracht wurden. Alle Texte betonen das
Recht des Kaisers zur Investitur von Bischöfen und zur Papstwahl, ein weiterer ihnen ei¬
gener Aspekt ist die Vertretung Ravennater Positionen gegen Rom.151
146 Koster, Kuno I.; Stock, Kuno von Pfullingen; Wagner, Bliesen, S. 46
147 MGH SS VIII, S. 217, Z. 32-35: Isdem honestissimus sanctae Virdunensis ecclesiae praesul Deo-
dericus cum eodem anno ( = 1066) apud Novallis (andere Lesarten: Novrillis; Novellis; Navelis)
suae dicionis castrum curas agens, die quadam sollempnia celebraret missarum . . .
148 vgl. allg. Seyler, Burg „Nohfels“ u. Flesch, Burg Nohfelden; zum Namen Buchmüller/Haub-
richs/ Spang, Namenskontinuität, S. 39. Der Fund eines Sandsteinblocks mit den Buchstaben
„NOVEL“ (Heimatbuch des LandkreisesSt. Wendel 22 (1987/88), S. 109) ist nicht nachprüfbar.
149 MGH SS VIII, S. 187f.: Atille Clemens inquam gavisus, quod aliquis ipsum pro accipienda bene¬
dictione respiceret, quod petebat transmisit, cum litteris docentibus, quibus temporibus hoc foret
usurus; quas quia auctor non roborat, magis vero infirmat - hereticorum enim et excommunica-
torum decreta fidelis quisque non recipit-, idcirco commendare memoriae non curavimus. Vgl.
Ziese, Wibert von Ravenna, S. llOf; zu den „Vorläufern“: D. Jank, Bemerkungen zu einigen
Trierer Palliumsurkunden des 11. Jahrhunderts (JL 4010, JL 4151, JL 4646), in: Kurtrierisches
Jahrbuch 22 (1982), S. 13-22
150 Robinson, Privilegium Maius
151 grundlegend noch immer Jordan, Ravennater Fälschungen
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