März im St. Maximiner Nekrolog vermerkten Abt Kuno nicht ausdrücklich auf das
Trierer Kloster.65 Während also gegenüber dieser Zuweisung größte Skepsis angebracht
ist, läßt sich auch Cuonos Zeit als Leiter der Propstei Leberau (= Liepvre im Elsaß) quel¬
lenmäßig nicht absichern.66 Trotz der erwiesenen engen Bindungen der Elsässer Filiale an
die Mutterabtei zu St. Denis ist Cuono in den dortigen Nekrologien nicht aufgeführt. Be¬
reits 1078 ist in Leberau ein Propst Manasses bezeugt; das wichtige Straßburger Privileg
Kaiser Heinrichs III. für die Propstei von 1056 könnte genau in die Zeit Cuonos fallen.67
Unzweifelhaftes Vorzeigestück dieser Generation Mettlacher Klosterschüler ist aber
Huothilbertus, . . .vero ardens ingenium iure litteris est memorandum, qui Franciam et
Aquitaniam discendo et docendo pertransiit et Vasconiam in Nazara cum turba discipu-
lorum eximius doctor lumine scientie totam Hyspaniam impleuit.68 Diese Würdigung ist
selbst für die Maßstäbe der Miracula ungewöhnlich. Einem solchen Mann literarische
Produktivität zuzugestehen, erscheint legitim und rechtfertigt eine kurze Betrachtung der
Verhältnisse im baskischen Näjera im 11. Jahrhundert. Die am Pilgerweg nach Santiago
de Compostela gelegene Stadt war 923 den Mauren entrissen worden. Seit etwa 950 war
Näjera Bischofssitz, bis dieser in das 1045 eroberte Calahorra verlegt wurde. König
Garcia Sanchez gründete 1052 das Kanonikerstift Santa Maria la Real de Näjera und
erbaute eine Kathedrale für den Bischof von Calahorra, das wegen der Maurengefahr zu
exponiert lag. Knapp eine Generation später erfolgte aber ein völliger Umschwung: Al¬
fons VI. von Kastilien bemächtigte sich der Stadt und schenkte 1079 die Kirche dem Abt
Hugo von Cluny, wonach das französische Element in Näjera stark an Boden gewann.69
Wegen des zeitlichen Bezugs zu Abt Nizo II. kommt für die Lehrtätigkeit des Huothil¬
bertus am ehesten die blühende Domschule in Frage (1052ff.).
Nun sind religiös-kulturelle Kontakte zwischen dem aquitanisch-nordspanischen Raum
und der Moselregion für das 11. Jahrhundert so außergewöhnlich nicht. Unter den Trierer
Kunstschätzen finden sich beispielsweise mehrere Arbeiten aus Limoges.70 Zur Stützung
der Aussage der Miracula läßt sich indes eine gewichtigere Absicherung beibringen. Als
im Juli 1049 Graf Guifred von der Cerdagne starb, wanderte der Rotulus mit der Nach¬
richt von seinem Ableben über Poitiers, Soissons und Lüttich (dort im August 1051 )71 auf
65 Gallia Christiana XIII, Kol. 551-561; Wisplinghoff, St. Maximin, S. 44
66 Zur Geschichte der Propstei s. Büttner, Lothringen und Leberau. Auf weit zurückreichende Bezie¬
hungen zwischen Mettlach und Leberau ließe eine Urkunde Karls des Einfältigen vom 5. Juni 903
schließen, in der der König den Mönchen von St. Denis die Einkünfte aus der Propstei zuspricht.
Die Urkunde ist in einer „villa Metlagio“ ausgestellt, Edition bei Ph. Lauer, Recueil des actes de
Charles III. le Simple, roi de France, 2 Bde., Paris 1940-49, Nr. 47, S. 103 ff. Während Lauer diese
Stätte mit Melay a.d. Marne identifiziert, spricht sich R. Parisot (Le Royaume de Lorraine sous
les Carolingiens [843-923], Paris 1898, ND Genf 1975, S. 580f.) unter Vorbehalt für Mettlach
aus. Bereits er gibt zu bedenken, daß die Form „Metlagio“ sonst nicht belegt ist.
67 Molinier, Obituaires; MGH DD H III Nr. 365
68 MGH SS XV,2, S. 1266, Z. 41-44; „Huothilbertus“ auch die Form der übrigen Trierer Hand¬
schriften, demgegenüber gibt Brower, Metropolis I, S. 502, die Variante „Guothilbertus“.
69 vgl. hierzu Gams, Kirchengeschichte, S. 412-414 u. Kehr, Papsturkunden, S. 57-62; wesentlich
zur Frühgeschichte von Näjera sind Cantera-Montenegro, Fundación; Fita, Estudio critico u.
Primer siglo. Ebd. S. 261-264 Text der Urkunde von 1079. Zum französischen Einfluß s. Segl, Kö¬
nigtum, passim.
70 Ewig, Merowingerreich, S. 105
71 dieses von Dufour, Rouleaux, vertretene Datum gegenüber dem von Stiennon, Histoire u. ders.,
Moines bevorzugten Ansatz von 1050
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