Full text: Die monastische Schriftkultur der Saargegend im Mittelalter

Exkurs II: DerTradition verpflichtet: Die literarische Produktion 
der frühen Neuzeit 
Wohl unter dem Eindruck der Verwüstungen des Dreißigjährigen Krieges, in dem auch 
manches Klosterarchiv vernichtet worden war, erfolgte schließlich im 17. Jahrhundert 
wenigstens in zwei Niederlassungen der Saargegend eine Aufarbeitung der Klosterge¬ 
schichte. So verfaßte 1671 der Wilhelmitenmönch Friedrich Schaal - 1670 urkundet er 
in Bitsch — die „Bruchstückweise Nachrichten über das Gotteshaus Gräfinthal, die Er¬ 
bauung desselben und die Wunderwerke, so von Anfang zu Ehren der Mutter Maria ge¬ 
zeigt worden. U1 Es handelt sich dabei um einen mit allerlei Mirakeln garnierten Auszug 
aus der Klosterchronik. 
Zur gleichen Zeit beschäftigte sich im nahen Wadgassen der junge Chorherr Conrad Pis¬ 
cator mit der systematischen Erfassung und Registrierung des Urkundenbestands der Prä- 
monstratenserabtei.1 2 Diese Arbeit diente ihm 1677 als Grundlage für eine Geschichte des 
Klosters, das sogenannte „Breviarium sive Compendium omnium fundationum praeci¬ 
puarum, dotationum ac anniversariorum, ab origine Wadegotiae factorum formam refe¬ 
rens Annalium“, meist kurz als „Annalen“ bezeichnet.3 Bei der Abfassung dieser umfäng¬ 
lichen Materialsammlung zu den verschiedensten Aspekten der Klostergeschichte4 hat 
Piscator keine literarischen Ambitionen besessen. Sein Stil ist nüchtern-protokollarisch, 
die Annalen vermögen ihre Entstehungaus dem „Repertorium“ nicht zu verleugnen. Auf 
der Titelseite charakterisiert sich der emsige Verfasser denn auch als otii torporisque fu¬ 
gientem, laboris et occupationis amantem. Beispielsweise überliefern nur dte Annalen den 
Text einiger Epitaphien verstorbener Äbte.5 Piscators Version der Gründungsgeschichte 
betont die prämonstratensische Vergangenheit Wadgassens von den Anfängen an. So 
gehe die bekannte Schenkung der Gräfin Gisela von Saarbrücken an Erzbischof Albero 
von Trier aus dem Jahr 1135 auf ein Gelübde des hierbei von Norbert von Xanten beein¬ 
flußten Grafen Friedrich von 1129 zurück.6 Dagegen vertritt die neuere Forschung eine 
ursprüngliche Zugehörigkeit Wadgassens zum Verband des Kanonikerstifts Springiers¬ 
bach, „der erste eindeutige Beleg für den Anschluß Wadgassens an den Prämonstraten- 
serorden“ sei erst das Privileg Coelestins III. von 1197.7 Ohne die „offiziöse“ Sicht Pisca¬ 
tors bedingungslos verteidigen zu wollen, kommt man nicht umhin festzustellen, daß be¬ 
reits Abt Wolfram von Wadgassen (glaubwürdiges Sterbedatum 3. April 1158) in denNe- 
krologien von St. Paui/Verdun, Floreffe und Premontre berücksichtigt ist.8 
1 Mikrofilm der Komm. f. Saarl. Landesgesch. u. Volksforschung; ausgiebige Zitate in Becker/ 
Touba, Wilhelmiten, S. 12, 21, 43, 45. 
2 „Repertorium omnium documentorum monasterii Wadegotiensis saec. XVII et XVIII“ (LHA Ko¬ 
blenz Abt. 218, Nr. 602); zur Biographie Piscators (1641-1726) s. Burg, Conradus Piscator. 
3 Bistumsarchiv Trier, Abt. 95, Nr. 251 
4 vgl. Laubenthal, Merzig um 1700 
5 Bistumsarchiv Trier, Abt. 95, Nr. 251, S. 98 (Abt Seifried Hüitzlin, gest. 1571; Text abgedruckt 
bei Burg, Regesten, S. 488, die dritte Zeile lautet vollständig: Huc redire dem, de quo fuit ortus, 
et ergo) u. S. 115 (Abt Johann Beres, gest. 1634) 
6 ebd., S. llff., die These wird aufgenommen von Burg, Gründung, S. 33-39 
7 W. Peters, Springiersbach und die Anfänge des Prämonstratenserstifts Wadgassen, in: JWLG 7 
(1981), S. 1-5, Zitat S.3 
8 Brouette, L’obituaire primitif, S. 101 
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