lange verloren geglaubten Werke hat Klinkhammer erstmals herausgegeben. Aus der
Fülle seiner teils biographischen, teils erbaulichen, auf die Erfassung des Lebens Jesu ge¬
richteten Schriften seien hier die Werke herausgegriffen, die entweder in der Prioratszeit
Adolfs in Marienfloss entstanden sind oder aber sich auf seine dortigen Kontakte mit dem
lothringischen Herzogspaar zurückführen lassen. Es handelt sich dabei um die „Vita Mar¬
garethae, Ducissae Lotharingiae“ (Adolf war Beichtvater der Herzogin, die er zum Beten
des Rosenkranzes anleitete),17 die verschollene Biographie eines Benediktinermönchs aus
Gorze sowie vier Ansprachen innerhalb des in deutscher Sprache verfaßten „Rosenger¬
telin Unserer Lieben Frau“, die er 1415 und 1420 vor der Hofgesellschaft auf Burg Sierck
gehalten hat.18 Thematisch beschäftigen sie sich vorzugsweise mit Aspekten der Mario-
logie, wie es für die ausgeprägte Marienfrömmigkeit der Kartäuser typisch ist. Adolf
gelingt es dabei, sich sprachlich und in der Wahl seiner Exempla in die mentale Vorstel¬
lungswelt der lothringischen Adelsdamen hineinzuversetzen. Rezeptionsgeschichtlich ist
es interessant zu beobachten, wie er damit den Erwartungen seines Zielpublikums ebenso
entgegenkommt wie seine ihm so ungleiche Zeitgenossin Elisabeth von Nassau-Saar¬
brücken (nach 1393-1456) mit ihren Übersetzungen französischer Ritterepen.19 Nach
Marienfloss nahm Adolf aus Trier seinen Schüler Dominikus von Preußen (1384-1460)
als Vikar mit.20 In dessen gleichfalls umfangreichem Œuvre finden sich vereinzelt Anspie¬
lungen auf diese Zeit (1415-1421), die eine landeskundliche Aufarbeitung verdient
hätten.21
Von den meist nur wenige Jahre amtierenden Retteier Prioren ist zweifellos Heinrich Birn¬
baum (de Piro; 1403-1473) die interessanteste Gestalt.22 Dabei scheint er im Moselkloster
keinen bleibenden Eindruck hinterlassen zu haben, weiß doch die spätere hausinterne
Priorenliste noch nicht einmal die Daten seiner Amtszeit zu vermelden,23 Die Datierung
auf 1457-1459 ist aber gesichert durch die seit 1765 auch in Rettel vorliegende Geschichte
der Kartause St. Alban von Modestus Leydecker24 (dort war Birnbaum anschließend
Prior bis 1461). Vor seinem Eintritt in den Kartäuserorden (1435) war er Professor der
17 Text bei Klinkhammer, Adolf von Essen (I), S. 118-130
18 ebd., S. 138f. (V 117-156 u. 157-176), S. 147ff. (V 530-601 u. 603-633)
19 Zu der Saarbrücker Gräfin s. den Artikel von H. H. Steinhoff im Verfasserlexikon II (1980),
Sp. 482-488
20 Auflistung seiner Werke bei Klinkhammer, Adolf von Essen (I), S. 7-21 u. ders. , Dominikus.
Jüngste Speziaistudie ist Klinkhammer, „Libri Experentiae“. Ein Gemälde des spanischen Ba¬
rockmalers Francisco Zurbaran (1598-1664), die „Darstellung der Rosenkranzkönigin“, zeigt
Dominikus und Adolf im Gebet versunken ( Abb. bei Zadnikar, Kartäuser, S. 184). Zurbaran war
des öfteren für den Kartäuserorden tätig gewesen, vgl. zu seinem Gesamtschaffen die New Yorker
Ausstellung von 1987 (Katalog von J. Baticle, Zurbaran [The Metropolitan Museum of Art, 22.
9.-13.12. 87, Galeries Nationales du Grand Palais, Paris, 14.1. —11.4.88], New York 1987).
21 z. B. in der „Constructio domus B. M. V. “ (Detailangaben zur Burg Sierck) und in „De ob-
edientia“ (Episoden aus dem klösterlichen Alltag in Marienfloss)
22 Am ausführlichsten informiert noch der Artikel von Richermoz, Henri de Piro, zur Chronologie
s. A. -C. Fraejis de Verbeke, Un catalogue des manuscrits de la collégiale Saint-Paul à Liège au mi¬
lieu du XVe siècle, in: Revue d’histoire des textes 4 (1974), S. 359-424, v. a. S. 361. Vgl. auch die
älteren Artikel von Bahlow (NDB) u. Edmaier (LThK).
23 AD Moselle H 3567bis, S. 40: quando et quamdiu, nescitur (ebenso Cod. Metz Bibl. Munie. Nr.
514)
24 Cod. Metz Bibl. Munie. Nr. 1222, S. 153
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