die Einstellung zusätzlicher Arbeitskräfte rund 1 Mio Reichsmark gespart werden
konnte gegenüber der Auftragsvergabe an ortsansässige Großunternehmen der Elek¬
troindustrie wie BBC, Siemens und AEG, da deren Monteure erheblich höhere Löhne
erhielten. Nach 10 Jahren staatlich verordneten Lohnstopps — einziger Ausweg waren
Höhergruppierungen innerhalb des Tarifes — folgte zum 01.05.1945 mit Genehmi¬
gung der amerikanischen Militärverwaltung eine Heraufsetzung der Löhne und Gehäl¬
ter um rund 20% im Rahmen einer neuen Betriebsordnung der VSE. Mit Hilfe des zu¬
sätzlichen Monteurpersonals16 war es möglich, daß gegen Ende des Betriebsjahres
1945 bereits der größte Teil der Abnehmer wieder in den Genuß elektrischer Energie
kam. Man war allerdings in vielen Fällen gezwungen, wegen des Mangels an Materia¬
lien wie Isolatoren, Kabel oder Holzmasten, die Anlagen provisorisch zu reparieren,
so daß eine endgültige Wiederinstandsetzung für die nachfolgenden Jahre offen blieb.
Eine Folge der Verwendung provisorischen Materials waren teilweise erhebliche Lei¬
tungsverluste. Zunehmend erschwerten auch Leitungsdiebstähle die dauerhafte Ver¬
sorgungssicherheit. In erster Linie waren davon Leitungen betroffen, die wegen Kriegs¬
schäden außer Betrieb waren und deren Kupfer- oder Aluminiumseile auf dem
Schwarzmarkt als gesuchte Altmetalle einen hohen Tauschwert hatten. Es kam aber
auch vor, daß aus einer in Betrieb befindlichen Leitung 150 m Ortsnetzkabel von 2 x
16 qmm Cu ausgeschnitten und entwendet wurden, so geschehen am 15.09.1946 zwi¬
schen 5.00 Uhr und 5.30 Uhr in der Frühe im Ortsnetz der Gemeinde Aussen, Bürger¬
meisterei Bettingen17.
Bereits kurz nach Festsetzung der französischen Militärregierung im Saarland war die
SALEC (Straßburg) mit der VSE in Verhandlungen getreten, um eine Mehrheitsbetei¬
ligung wie 1920/21 zu erreichen. Als Gegenleistung versprach das französische Unter¬
nehmen die Abnahme von mindestens 100 MW, da in Lothringen als Kraftwerk für
die öffentliche Versorgung lediglich das veraltete Kraftwerk La Houve in Creutzwald
bestand. Ferner sicherte die SALEC ihre Unterstützung durch die Lieferung von fran¬
zösischem Material zur Instandsetzung der Versorgungsanlagen zu. Die Verstaatli¬
chung der Elektrizitätswirtschaft in Frankreich und die Gründung der EdF zerschlu¬
gen allerdings bereits Anfang 1946 das Vorhaben der SALEC. Aus demselben Grund
scheiterte auch die geplante Beteiligung der Saargrubenverwaltung an der VSE18. Der
Vorstand der VSE griff die Anregung der Stromlieferung nach Frankreich rasch auf.
Direktor Keßler breitete in einem Vortrag vor dem Beirat der Handelskammer Saar¬
brücken am 26.10.1945 seine Überlegungen zu diesem Schritt aus. Ausgehend von dem
Gedanken, daß die Transportkapazitäten zur Versendung von Kohle durch die Zerstö¬
rung der Bahnanlagen in weiten Teilen Deutschlands sehr stark eingeschränkt waren,
setzte die VSE schnellstmöglich ihr 110 kV-Netz wieder in Betrieb, um Strom exportie¬
ren zu können. Damit hatte das Unternehmen einen Vorsprung vor den Kraftwerken
der weiteren Umgebung, die großenteils wegen Kohlemangels stillagen. Bei der Saar¬
16 Teilweise wurde auch die VSE von Ausweisungen der französischen Militärbehörden betrof¬
fen. Sie fielen zwar zahlenmäßig weniger ins Gewicht, konnten aber, wie im Falle eines erfah¬
renen Obermonteurs, die Wiederaufbauarbeiten beeinträchtigen. Rekurse gegen die Militär¬
verwaltung blieben in der Regel ohne Erfolg (vgl. VSE-AHV, Nachlaß Keßler 09.07.1947).
17 LA Sbr. Best. MW 619, 11./30.09.1946.
18 Ebd. MW 551, Aktionärsbesprechung der VSE am 28.02.1946 im Regierungspräsidium Saar.
Zur Entstehung der EdF vgl. Gaudy (1985); EdF 25 ans (1971).
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