Diese „Lösung ist technisch klar, verwaltungsmäßig leicht durchführbar und wird dem
Opfergedanken gerecht“, verkündete Landesbaurat Menge stolz auf der WEV-Tagung
in Saarbrücken (vgl. Kap. V.3.). Doch auch die genannten Überlegungen stellten nur
einen der zahlreichen Pläne dar, die in erwartungsvoller Hoffnung auf eine „neue Wirt¬
schaft“ nach 1933 geschmiedet worden waren. Noch drei Jahre später, 1938 bereits,
stellte das Reichskuratorium für Wirtschaftlichkeit in einer Studie über die Wirtschaft
des Saarlandes bei der Besprechung der Abnahmeverpflichtung der deutschen Elektri¬
zitätswirtschaft fest: „Eine Einigung, in welcher Weise diese Übernahme vor sich
gehen soll, ist demnächst zu erwarten“14, — eben diese Worte hatte Menge schon 1935
verkündet. Die Energieversorgungsunternehmen an der Saar blieben mit ihren Proble¬
men auf sich selbst gestellt oder auf die Zusammenarbeit mit benachbarten Versor¬
gungsunternehmen angewiesen.
3. Erste öffentliche Ankündigung des Energiewirtschaftsgesetzes
in Saarbrücken
Neben dem „Saaropfer“ der deutschen Eiektrizitätswirtschaft zeigte die Wirtschafts¬
gruppe Elektrizitätsversorgung (WEV) ihre Verbundenheit mit dem „befreiten Saar¬
land“ auch durch die Wahl des Tagungsortes Saarbrücken für ihre 44. Jahresversamm¬
lung vom 26. bis 28.09.1935. Es war die erste Tagung der WEV, die nach dem „Gesetz
zur Vorbereitung des organischen Aufbaues der deutschen Wirtschaft“15 damals die
einzige Organisation darstellte, in der alle deutschen öffentlichen Elektrizitätsversor¬
gungsunternehmen von den größten bis zu den kleinsten zusammengefaßt waren,
gleichgültig in wessen Besitz sie sich befanden16. Um die Verbindung und Zusammen¬
arbeit mit den ausländischen Mitgliedern der ehemaligen VdEW (jetzt Reichsgruppe
Elektrizitätsversorgung — REV) zu ermöglichen, wurden die Versammlungen der bei¬
den Gruppierungen in einer Tagung zusammengefaßt. Neben den zahlreichen deut¬
schen Teilnehmern kamen auch Mitglieder aus Dänemark, Finnland, Frankreich, den
Niederlanden, Norwegen, Österreich, Schweden, der Schweiz und der Tschechoslo¬
wakei nach Saarbrücken17.
14 Die Wirtschaft des Saarlandes (1938), S. 22. In einem Programm für die endgültige Regelung
des Saarkohlenproblems (BA R 4/507,23.07.1937) sollten zur Vereinfachung der Durchfüh¬
rung die Saargrubenverwaltung auf der einen und das RWE als leistungsfähigstes EVU auf
der anderen Seite als einzige Vertragspartner auftreten; auch dieses Programm wurde
Makulatur.
15 RGBl I 1934, S. 185; Krecke (1937), S. 393ff.
16 Die Reichsgruppe Energiewirtschaft (RGEW) war am 05.06.1934 zunächst als Hauptgruppe
13 der gewerblichen Wirtschaft gegründet worden und umfaßte die Wirtschaftsgruppe Elek¬
trizitätsversorgung (WEV; Satzung v. 07.06.1935) und die Wirtschaftsgruppe Gas und Was¬
serversorgung (WGW) (vgl. BA R 13 XVI/12). Wie in den anderen Wirtschaftsgruppen war
die Tätigkeit der WEV in der Anfangsphase durch Personal-, Kompetenz- und Richtungs¬
streitigkeiten bestimmt (vgl. BA R 12 II/1).
17 Vgl. die ausführliche Berichterstattung in: EW 34 (1935), S. 145f., 593ff., 618ff., 655ff., eine
kurze Zusammenfassung in ETZ 56 (1935), S. 1129E, 1181 ff. und vom Standpunkt der kom¬
munalen Betriebe in: Zeitschrift für öffentliche Wirtschaft 2 (1935), S. 308,325ff., 337,375f.;
vgl. ebf. Der deutsche Volkswirt 10 (1935/36), S. 3.
190