men, als Mandres sich weigerte, seine Unterschrift unter verschiedene Beschlüsse der
außerordentlichen Generalversammlung vom 12.12.1933 zu setzen. Diese Unter¬
schrift war notwendig, um schnellstmöglichst den Eintrag ins Handelsregister vollzie¬
hen zu können. Eile schien Neikes geboten, denn Ende Dezember 1933 waren Pläne
der Regierungskommission des Saargebietes in der Öffentlichkeit bekanntgeworden,
die eine bevorstehende „Verordnung, betreffend lebenswichtige Betriebe (Elektrizität,
Gas und Wasser)“ vorsahen327.
Den Ausschlag für diese Verordnung gaben die Änderungen der Satzung der VSE mit
ihren Konsequenzen für die Zusammensetzung von Vorstand und Aufsichtsrat, über
die die Regierungskommission weder durch Neikes noch durch die im Aufsichtsrat der
VSE vertretenen Landräte unterrichtet worden war. Der Präsident der Kommission
unterstellte ihnen aus diesem Grunde unloyales Verhalten und wollte deshalb die
Staatsaufsicht durch einen Kommissar verschärfen. Die Regierungskommission
behielt sich darin vor, durch ihren Beschluß die betroffenen Unternehmen unter staat¬
liche Aufsicht zu stellen, die sich auf den gesamten Geschäftsbereich erstreckte: Ein¬
sichtnahme in alle Geschäftsangelegenheiten, Veranlassung von Nachprüfungen,
Teilnahme- und Mitspracherecht in allen Generalversammlungen, sonstigen Mitglie¬
derversammlungen und an den Sitzungen der Verwaltungsorgane einschließlich des
Rechtes, die genannten Versammlungen einzuberufen; auch die Preisfestsetzung lag
nach diesen Plänen bei der Regierungskommission. Beschlüsse der genannten Organe
sollten der staatlichen Aufsichtsbehörde angezeigt werden; diese war berechtigt, die Be¬
schlüsse innerhalb von drei Tagen unter aufschiebender Wirkung zu beanstanden. In
einer zugehörigen Denkschrift berief sich die Regierungskommission auf das Recht des
Staates, bei der „tief in das Wirtschaftsleben eingreifenden Bedeutung der monopolarti¬
gen lebenswichtigen Versorgungsbetriebe für die ganze Bevölkerung ... die Möglich¬
keit kontrollierender Maßregeln solcher Betriebe vorzusehen“328. Die Verordnung
sah vor allem eine Verhinderung des Importes von elektrischer Energie aus dem Reich
in das Saargebiet vor. Begründet wurde diese Maßnahme mit der Wahrung der wirt¬
schaftlichen und finanziellen Interessen im Saargebiet. Angesichts der zeitgleichen Dis¬
kussion um die Abgabe von Uberschußstrom aus dem Saargebiet in das Deutsche
Reich329 erscheint diese, zu den seltenen Eingriffen der Regierungskommission zäh¬
lende Verordnung unverständlich. Da der Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verord¬
nung noch nicht bekannt war, versuchte Neikes für alle Fälle, die Beschlüsse der Gene¬
ralversammlung vom 12. Dezember 1933 vor einer möglichen Anfechtung durch die
Regierungskommission zu schützen.
Welche bedeutsamen Änderungen der VSE-Satzung veranlaßten Neikes zu dieser Eile?
Mit der neuen Fassung von § 8,2 und § 9,1 entfiel das Recht der La Houve S.A., Stra߬
burg, ein Vorstandsmitglied zu benennen bzw. zwei Vertreter in den Aufsichtsrat zu
entsenden. Dadurch war die letzte Möglichkeit der Einflußnahme des früheren Aktio¬
närs auf die VSE beendet. Ferner verminderte § 9,1 die Anzahl der Aufsichtsratsmit-
327 LA Sbr. Nachlaß Koßmann, Procès-Verbal, Bd. 21, Sitzung v. 14.12.1933, S. 810f.; vgl. zum
folgenden: Sitzung v. 18.12.1933, S. 816ff. und v. 12.01.1934, S. 57.
328 ASV Sbr. GS-26, Verordnung und Denkschrift zur Verordnung, o.D. (Abschrift). Die Ver¬
ordnung trat am 12.01.1934 in Kraft, die zugehörigen Ausführungsbestimmungen wurden
im April d.Js. veröffentlicht.
329 Vgl. Tab. 30, 31; LA Sbr. 564/2300, S. 85.
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