schäftigten, Umsatz, Beitrag zum Bruttosozialprodukt usw. erfaßt werden. Entschei¬
dend war und ist ihre prozeßauslösende Funktion innerhalb der Gesamtwirtschaft15.
Wichtigster Faktor für eine schnelle Ausbreitung und die im Vergleich zu den älteren
Energieträgern größere volkswirtschaftliche Gestaltungskraft der Sekundärenergie
Elektrizität ist ihre Fähigkeit zur Netzbildung und die daraus resultierende Möglich¬
keit zum Aufbau eines weiträumigen Versorgungssystems16. Erst hierdurch wurde es
möglich, die zahlreichen Vorteile elektrischer Energie in allen ihren Anwendungstech¬
niken flächendeckend zu nutzen. Elektrizität als „ubiquitäres Gut“, das heißt überall
verfügbar, konnte auf diesem Wege beispielsweise zum Abbau regionaler Struktur¬
unterschiede beziehungsweise des Gegensatzes Stadt-Land beitragen. In Verbindung
mit dem Grundsatz einheitlicher Strompreise war es möglich, regional gleichwertige
Lebensbedingungen bereits zu einer Zeit anzustreben, als es eine staatliche Raumord¬
nungspolitik, die sich diesen Zielsetzungen verpflichtete, noch gar nicht gab17.
Aufgabe der vorliegenden Arbeit ist es, für den räumlichen Bereich des heutigen Saar¬
landes das Aufkommen, die Anwendung und die Ausbreitung der neuen Technologie
Elektrizität zu erarbeiten. Das starke montanwirtschaftliche Übergewicht führte in
der Saarregion erst relativ spät zum Aufbau einer regionalen öffentlichen Versorgung.
Folglich stehen am Anfang der Untersuchung die Eigenerzeugungsanlagen der Indu¬
strie sowie die Anwendung elektrischer Energie im Produktionsprozeß, die vorrangig
vom unaufhaltsamen Einsatz des Elektromotors geprägt wurde. In den Mittelpunkt
der Betrachtung rücken mit zunehmendem Fortschreiten der Elektrizitätsversorgung
an der Saar das regionale Stromversorgungsunternehmen Vereinigte Saar-Elektrizitäts-
AG (VSE) bzw. deren Rechtsvorgängerinnen. Die Entwicklung dieses Unternehmens
kann von der 1912 gegründeten, kaum über einen weiteren lokalen Rahmen hinausrei¬
chenden Gesellschaft bis hin zum Landesversorgungsunternehmen verfolgt werden,
das heute mehr als 80% des Saarlandes mit elektrischer Energie beliefert. Die Geschich¬
te der Elektrizitätsversorgung des Landes wird im Laufe dieses Jahrhunderts zuneh¬
mend identisch mit der Entwicklung der VSE.
In der Geschichte der saarländischen Elektrizitätsversorgung im allgemeinen und der
VSE im besonderen müssen Wechselwirkungen und Einflüsse zwischen unterneh¬
menspolitischen Entwicklungen und politischen Rahmenbedingungen auf regionaler,
nationaler und teilweise internationaler Ebene hergestellt bzw. aufgezeigt werden,
denn neben naturräumlichen und technischen Bedingungen und Voraussetzungen
wurde die Region an der Saar — wie kaum eine andere Gegend Deutschlands im 20.
Jahrhundert — von politischen Ereignissen beeinflußt und gekennzeichnet. Der saar¬
ländische Wirtschaftsraum mit seinen vorhandenen und neu entstandenen Unterneh¬
men, einschließlich der zu Beginn des neuen Jahrhunderts aufkommenden Elektrizi¬
tätsversorgung, wurde geprägt vom Ausgang des Ersten Weltkrieges, von der Inflation
der deutschen und später der französischen Währung und der 15jährigen Völkerbunds¬
herrschaft im Saargebiet. Saarabstimmung, Rückgliederung ins Deutsche Reich und
eine erneute Währungsumstellung hinterließen ihre Spuren ebenso wie der Zweite
15 Fleckenstein (1968), S. 158.
16 Ebd. S. 33.
17 Schnei der ,Hans Karl u.a. (1974), S. 172; vgl. auch Schüler (1962), S. 197ff.; Ladewig
(1970).
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