men, eine Zulieferung zu verhindern. Zum einem vereinbarten sie mit der Eisenbahn¬
direktion des Saargebietes, daß diese ihre Bahngleise nicht zur Kabelverlegung hergebe,
zum anderen wurden Wachposten aufgestellt, um die Benutzung von Gemeindeeigen¬
tum zu verhindern. Die VSE hatte inzwischen jedoch insgeheim eine Vereinbarung
mit den MDF geschlossen und deren Stromkabel Jägersfreude-Hirschbach zur Versor¬
gung der Fa. Heckei „angeschnitten“. Proteste der Gemeinde Dudweiler, daß dieses
Kabel auch über Gemeindeeigentum führe, fruchteten nichts: Die französische Gru¬
benverwaltung nahm den Schutz des Versailler Vertrages, Anlage 2, Artikel 5, für sich
in Anspruch, der ihr in den §§ 8 und 10 das uneingeschränkte Wegebenutzungsrecht
im gesamten Saargebiet zuwies288. Den Pfalzwerken war überdies bekannt geworden,
daß sich die VSE an die Regierungskommission des Saargebiets gewandt hatte, um die
Stromlieferung an die Eisenwerke Neunkirchen und Homburg aufzunehmen. Ersteres
betrieb Eigenerzeugung, letzteres bezog Strom vom Kraftwerk Homburg. Als
„Köder“ stellte man die „großen Absatzgebiete für Grubenstrom“ heraus. Um die
Versorgungsrechte der Pfalzwerke zu umgehen, war geplant, die ebenfalls durch den
Versailler Vertrag bevorrechtigten Bahnkörper der Eisenbahndirektion des Saarge¬
biets zur Zulieferung zu benutzen und zugleich den Bahnhof Homburg zu
versorgen289.
Diese Pläne — wären sie geglückt — hätten natürlich einen Präzedenzfall geschaffen.
Es wäre der VSE möglich gewesen, unter dem Schutz der Regierungskommission des
Saargebietes überall dort in das Versorgungsgebiet der Pfalzwerke einzudringen, wo
man über die Bahntrasse die besten Abnehmer fand, in erster Linie also Industriebetrie¬
be mit eigenem Gleisanschluß. Entsprechend fielen die Reaktionen auf Pfälzer Seite
aus: „ Empörend ist, daß ein unter deutscher Leitung stehendes Unternehmen die Re¬
gierungskommission, eine dem Lande fremde Verwaltung, angeht, um die den Pfalz¬
werken vom Bayerischen Staat eingeräumten Rechte illusorisch zu machen — allgemei¬
ner Zuruf: Sehr richtig!“, lautete die betreffende Passage des Aufsichtsratsprotokolls
der Pfalzwerke290.
Der Abschluß von Stromlieferungsverträgen auf dem Gebiet der Pfalzwerke hatte
Frank offensichtlich völlig überrascht und lief seinen langfristig ausgerichteten Plänen
der Absatzsicherung von Saarkohle zuwider. Noch in der Besprechung vom
29.08.1931 in Ludwigshafen signalisierte er den Vertretern der Pfalzwerke Entgegen¬
kommen und versprach, sich dafür einzusetzen, daß das zuständige VSE-Vorstandsmit-
glied, Schramm, sofort entlassen und durch einen den Pfalzwerken genehmen Direk¬
tor ersetzt werde291. Zunächst jedoch fand eine Klärung der grundsätzlichen Stand¬
punkte auf politischer Ebene statt. Am 03.12.1931 trafen sich in Würzburg Vertreter
der bayerischen und preußischen Regierung zu Verhandlungen. Als diese ergebnislos
abgebrochen werden sollten, legte der anwesende Oberbürgermeister Neikes einen
288 ASV Sbr. GS-31, 07.06.1932, GS-21, 16.01.1933; zur unterschiedlichen Interpretation der
beiden Parteien vgl. LA Sbr. Best. Landratsamt St. Ingbert 5850, 09./10.02.1932.
289 StadtA Sbr. BG 7196, 04.08., 16.11.1931.
290 Aufsichtsratssitzung der Pfalzwerke vom 07.01.1932, LA Speyer H 3 Nr. 10670, S. 61f.
291 Ebd., 31.08.1931; vgl. ebf. LA Sbr. Einzelstücke Nr. 152: Frank befürchtete, daß das Vorge¬
hen der VSE-Führung die Pfalzwerke in die Hände des RWE treibe (Brief an Neikes v.
28.09.1931).
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