Full text: Die Tholeyer Abtslisten des Mittelalters (15)

dun besaß in der suburbanen, dem hl. Mauritius und seinem Genossen Victor ge¬ 
weihten Kirche am Ausgang der römischen Straße aus der civitas nach Westen, am 
Rande eines römischen Gräberfeldes ein sicherlich bis in die Merowingerzeit zu¬ 
rückreichendes Kultzentrum408. Einen ebenso alten Stützpunkt besaß der Heilige 
von Agaunum im nahen Toul in der von Bischof Alodius im 6. Jahrhundert ge¬ 
gründeten Kirche409. Verdun hatte sein Patrozinium auch der in der Trierer Diöze¬ 
se gelegenen Eigenkirche von Fillieres gegeben410. Mauritius schützte ferner die 
Eigenkirche des Domkapitels in Recourt411. Die Kirche von Bras, wenige Kilome¬ 
ter nördlich von Verdun an der Maas gelegen, Sitz einer Kolonie von negociatores, 
die um 800 offenbar aus königlichem Schutz in den des Bischofs entlassen wurde, 
war ebenfalls dem Märtyrer von Agaunum und burgundischen Königsheiligen ge¬ 
weiht. Da sich auch die Kirche dieses Ortes später im Besitz des Bischofs von Ver¬ 
dun befindet, der sie an das Eigenkloster St. Maur gibt, gehörte sie wohl zur Händ¬ 
lersiedlung412. Schließlich ist die Mauritiuskirche des Klosters Beaulieu als Grün¬ 
dung auf fiskalem Grund bereits 701/02 als Sanctus Moricius belegt (vgl. u. S. 
108). Ihr Stifter Chraudingus kam — nach einer durchaus glaubwürdigen Tradi¬ 
tion - aus Tholey, woher er wohl auch eine Mauritiusreliquie mitbrachte. Die 
ebenfalls aus Fiskalgut an St. Arnulf in Metz gelangte, nach Ausweis ihrer Chor¬ 
schranken merowingische Kirche von Cheminot südlich von Metz besaß das Pa¬ 
trozinium des Führers der thebäischen Legion413. Die mit ihren Interessen auch die 
Maas bei Verdun tangierende mächtige Adelsfamilie der Etichonen414 unterstellte 
seinem Schutz in der zweiten Hälfte des siebten Jahrhunderts ihre Gründung 
Ebersmünster415. Auch im elsässischen Etichonenkloster Murbach und im lothrin¬ 
gischen St. Die war Mauritius wohl früh vertreten416. Zwischen 662 und 673/75 er¬ 
richtete Bercharius, der Gründer von Montier-en-Der an der Voyre ein monaste- 
408 Gabriel, Notice hist. 154 ff.; Gabriel, Verdun 392. 464. Vgl. Prinz, Mönchtum 109 f. 
Der Verduner Pouillé von um 1600 stellt die Victorkirche in einen ganz engen Zusam¬ 
menhang mit dem Mauritiuskult: Parochialis ecdesia Sancti Vicions, militis ex legione 
sancti Mauricii, ducis legionis Tbaebeorum ... (Longnon/Carrière, Pouillés Trêves 363). 
Das Patroziniumsfest wurde am Tag des hl. Mauritius (22. IX.) gefeiert. Vgl. Robinet, 
Pouillé Verdun. 
409 Ewig, Trier 102 f.; Gauthier, Evangélisation 232. 
410 Pauly, Siedlung, Schlußbd. 255; Müller, Dekanate 282 f. (1034 bereits belegt). 
411 Longnon/Carnère, Pouillés Trêves 373. 
412 Longnon/Carrière, Pouillés Trêves 364. Vgl. dazu Haubrichs, Urkunde Pippin. Alt ist 
sicherlich auch die Pfarrkirche St. Maurice bei Etain, die zum Fernbesitz der Abtei St. 
Hubert in den Ardennen gehörte und inmitten eines Fiskalkomplexes des 7. Jhs. liegt 
(Longnon/Carrière, Pouillés Trêves 380). Die Mauritiuskirche von Damvillers an der 
Tinte gehörte zu einem Komplex von Fernbesitz des Klosters Mettlach, der wohl durch 
dessen Gründer, die mit den Pippiniden verbündete Adelsfamilie der Widonen, zu Be- 
Îinn des 8. Jhs. an die saarländische Abtei gekommen war (Longnon/Carrière, Pouillés 
rêves 364). Da Mettlach den Mauritiuskult nicht förderte, wird auch hier, ebenfalls in 
einem an einen Fiskalbezirk angelehnten Ort, die Kirche älter sein. 
413 MG SS XXIV 535; vgl. Dorvaux, Pouillés 535 f. 
414 Vgl. Haubrichs, Siedlungsnamen 256 Anm. 117 (mit Lit.). Zur elsässischen Adelsfamilie 
allg. vgl. Vollmer, Etichonen 137 ff.; Wilsdorf, Etichonides 1 ff.; Wilsdorf, Monaste- 
rium 1 ff. 
415 Vgl. Anm. 400-402. 
416 Bruckner, Reg. AlsatiaeNr. 112. 69; vgl. Ewig, Trier 160; Prinz, Mönchtum 109 f. 
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