Full text: Die Tholeyer Abtslisten des Mittelalters

wenn auch in Verdun eine Kirche unter den Patronat dieses Heiligen gestellt 
wird226. Paulus gab seiner eigenen Grabkirche zu Verdun das Patrozinium des Sa- 
turninus, des Schutzheiligen von Toulouse227. 
Berthar, der Historiker der Kirche von Verdun, weiß 916/17, daß der um die Mitte 
des 8. Jahrhunderts lebende Bischof Madalveus oft die aquitanischen Besitzungen 
des Bistums, unter anderem die abbatia sancti Amantii, besucht und bei dieser Ge¬ 
legenheit die Viten seiner Vorgänger verbreitet habe. So erkläre es sich, daß man zu 
Marseille die Miracula sancti Agerici und in verschiedenen Orten jenseits der Loire 
die Vita sancti Vitoni und die Legende sancti Pauli finde228. Von diesen Schriften 
hat sich nichts erhalten; es dürfte auch zweifelhaft sein, ob Berthar sie noch benut¬ 
zen konnte229. Doch immerhin beweisen sie das Interesse, das man in Südfrank¬ 
reich der Person des Verduner Bischofs entgegenbrachte. 
Berthar scheint seine Kenntnisse über Paulus in der Hauptsache mündlichen Tra¬ 
ditionen bzw. einigen wenigen Urkunden entnommen zu haben. Seine Notiz über 
den Bischof gehört zu den längeren; sie ist eine hagiographische Miniatur, in der es 
dem Verfasser um den Erweis der Heiligkeit des Bischofs geht230. Er schildert Her¬ 
kunft, Werdegang und cura episcopalis des Paulus für seine civitas, anschließend 
gibt er einige Wunder summarisch wieder. Er führt die Schenkung Tholeys durch 
Adalgisil Grimo231, eine Seelgerätsstiftung desselben an St. Vanne232, den Erwerb 
226 Vgl. MG SS IV 44; Souplet, St. Paul 43 Anm. 2; Ewig, Milo 435 Anm. 124; Kaiser, Bi¬ 
schofsherrschaft 269. Die vorstädtische Kirche St. Amans von Rodez gehörte seit mero- 
wingischer Zeit der Kirche von Verdun; der Bischof gab sie 952/71 an St. Vanne. Vgl. 
Bloch, Urk. St. Vanne I Nr. 11. Auch die im Verduner suburbium errichtete ecclesia 
sancti Amantii war 963/66 in den Besitz von St. Vanne gekommen. Vgl. Bloch, Urk. St. 
Vanne I Nr. 15. II Nr. 93, S. 122. Auch die Kirche von Rarécourt a. d. Aire, deren 
Amantiuspatrozinium bereits 782 belegt ist, gehörte im 8. Jh. St. Vanne. Vgl. Bloch, 
Urk. St. Vanne I Nr. 5. Man besaß dort auch Reliquien des aquitanischen Heiligen: Ro¬ 
binet, Pouillé Verdun I 488 ff.; Longnon/Carriere, Pouillés Trêves 370. Der aus einer 
vornehmen Familie des territonum von Verdun stammende Gründer des Klosters Fonte- 
nelle (St. Wandrille) a. d. unteren Seine, Wandregisil, vergab Patrozinien des hl. Saturni- 
nus und des hl. Amantius um 640 an von ihm erbaute Kirchen in seinem irofränkischen 
Kloster, wobei er sich Reliquien aus Rodez kommen ließ. Ohne das Zusammenspiel mit 
Bischof Paulus und wohl auch Desiderius von Cahors sowie dem füi Fontenelle zustän¬ 
digen Diözesan Audoin von Rouen ist diese Kultinitiative nicht denkbar. Auch Wandre¬ 
gisil war wie die Genannten Palastbeamter des merowingischen Königs gewesen. Vgl. 
Prinz, Mönchtum 301. 312. Noch um 688/89 Unterzeichnete Bischof Armoin von Ver¬ 
dun eine Urkunde für Fontenelle. Vgl. Gauthier, Evangélisation 417 ff. 
227 MG SS IV 43. Vgl. zu den Beziehungen des Trierer Landes zu Aquitanien: Levison, 
Metz 139 ff. ; Ewig, Trier 88 ff. 
228 MG SS IV 44. 
229 Vgl. zu Berthar: Duchesne, Fastes III 67 f. ; Manitius, Geschichte II 356 ff. Zur mittelal¬ 
terlichen Überlieferung aus Verdun: Ronig, Bibliotheken 1 ff. 
230 Vgl. dazu ausführlich Haubrichs, Basenvillare 69 ff. 
231 Vgl. u. S. 81 ff. 
232 Es handelt sich um den Ort Fresnes-en-Woëvre (Meuse). Er muß der Karte des Adalgi- 
sil-Besitzes bei Herrmann, Testament 89, eingefügt werden. 
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