Full text: Die Tholeyer Abtslisten des Mittelalters (15)

lern. Für die Zeit nach Abt Reinold fällt das fragmentarische D1 aus, so daß der 
Vergleich mit C über D2 geführt werden muß. C und D2 enden beide mit dem Ab- 
batiat des Abtes Maurus (seit 1638). D2 und C müssen also auf einer über den Tod 
Brouwers hinaus fortgeführten Liste beruhen: dies ist u. a. ein Kriterium dafür, 
daß der Korrektor in D1 bereits Masen war. Eine Bemerkung bei Abt Betzelinus 
von Soetern (D1 46), die der Korrektor hinzugefügt hat und die eine Anspielung 
auf die soeben erfolgte Wahl eines Mitgliedes des Geschlechtes der Soetern zum 
Bischof von Speyer betrifft, läßt eine genauere Datierung zu: Philipp Christoph 
von Soetern wurde 1609 Coadjutor des Bischofs von Speyer; im Folgejahr wurde 
er nach dem Tod des Vorgängers (10. X. 1610) Bischof55. D2 fügte noch hinzu, daß 
Philipp Christoph (f 1652) inzwischen Erzbischof von Trier geworden war (1623). 
Da der Erzbischof 1635-1645 wegen Landesverrats gefangengesetzt war, sind die 
lobenden Worte von D2 wohl nur zwischen 1623 und 1635 denkbar. 
D2 hat einige schon zitierte Änderungen gegenüber D1 durchgeführt. D3, das 1669 
von Masen beendete Exemplar56, ist im wesentlichen identisch mit D2, läßt jedoch 
den Namen Gerbertus (D1 4) aus, ein Versehen, das in den Druck D4 übernommen 
wurde. D4 hat für den Druck die Reihe der Äbte bis zum Kommendatarabt Petrus 
de Salabert (f 1785) fortgeführt und ferner zu den Daten der Äbte ab Nikolaus von 
Löwenstein (1466-1474) die Daten der electio bzw. juratio und confirmatio er¬ 
gänzt. Es mag sein, daß D4 hier auf Quellen des Trierer Bistumsarchivs beruht. 
Maßgebend für die Überlieferungskritik der Tholeyer Abtslisten muß also D1 sein. 
Nach seinen eigenen Quellenangaben hat D1 benutzt an Verduner Quellen die, Vi¬ 
ta S. Pauli' und die ,Gesta episcoporum Virdunensium' des Berthar (923/25); aus 
Trithemius und Bruschius wurde der gesamte inzwischen kanonisch gewordene 
Komplex der Gründung durch Dagobert und Bischof Modoald von Trier über¬ 
nommen, ebenso die Pirminslegende, diese allerdings in der vorsichtigen Form ei¬ 
ner Notiz zu den Äbten des, wie Brouwer nach seiner Chronologie glauben mu߬ 
te, achten Jahrhunderts (D1 6-12). Für sie versicherte sich D1 auch der Autorität 
des Abtes Paulus Voltius von Flugshofen57. Gegenüber der Wandalinuslegende 
verhielt sich D1 eher reserviert, bestätigte aber die blühende Wallfahrt zu dessen 
nahem Heiligengrab. Die Fälschungen des François de Rosières und damit der in 
ihnen genannten Tholeyer Abtsnamen durchschaute er und legte ausdrücklich dar, 
daß sie keinen Glauben verdienten. Jedoch benutzte er - übrigens ohne Quellen¬ 
angabe - Wassebourgs ,Antiquitates‘ und ergänzte aus ihm Daten der Verduner 
Abtbischöfe, korrigierte wohl auch aus dieser Quelle gelegentlich ihre Namen. 
Vor allem aber übernahm er von Wassebourg die bis dato in der Tholeyer Überlie¬ 
ferung unbekannten Bischöfe Gisloald, Gerebertus und Armonius (Nr. 3-5) als 
Tholeyer Äbte des siebten Jahrhunderts, ließ jedoch dann merkwürdigerweise die 
55 Baur, Philipp von Sötern I, passim; P. Wagner, in: ADB XXVI (1888) 50 ff. 
56 Kraus, in: ADB XX (1884) 558 f. 
57 Vgl. o.Anm. 39. 
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