Full text: Die Tholeyer Abtslisten des Mittelalters

des 8. Jahrhunderts gewirkt haben muß467. Er behauptet ferner die Unterstellung 
der Neugründung unter die ditto der Verduner Kirche durch den Stifter. Hier muß 
kein Widerspruch zur Childerich-Urkunde vorliegen. Chraudingus, von dem die 
Klostersage das Faktum einer extremen Langlebigkeit bewahrt hat468 469, kann wie 
Grimo und vielleicht nach Tholeyer Vorbild sein Kloster gegen Ende seines Le¬ 
bens der Kirche von Verdun übergeben haben. Daß Richard in seiner Vita diesen 
Umstand verschweigt, muß nicht verwundern. Er schweigt nämlich, obwohl er 
Berthar kennen mußte, verschweigt also. Der Grund ist leicht einzusehen: es ging 
ihm und seinen monastischen Mitstreitern ja um die Zurückdrängung der Einflüs¬ 
se der Eigenkirchenherren in den Klöstern, um die libertas monasterii. So ist es gut 
zu verstehen, wenn Richard bei Zitat der Childerich-Urkunde die reservatio der 
Rechte des Verduner Bischofs nur für den Vollzug der ordines und der benedictio 
anführt. 
Dabei war der angeführte Passus der Urkunde wohl viel eher restriktiv gegenüber 
dem Gründer gemeint. Von ihm nämlich weiß die Vita, wenn auch fast unwillig, 
verbannt in die irische Jugend des Heiligen und nur in einem Nebensatz berichtet, 
daß er officio pontificali insignitus war4ft9. Die Klostertradition hielt die Bischofs¬ 
würde des Chraudingus ebenfalls in der , Metrica Bellilocensium abbatum series* 
fest: Scotus erat, praesul forsdn Scotisque Rodingus470. Und ein Verduner Reli¬ 
quienverzeichnis nennt ihn Graudingus episcopus471. Dieses Detail paßte für Ri¬ 
chard so gar nicht mehr in die monastische Landschaft; er hat aus ihm keinen wei¬ 
teren Zug der Legende abgeleitet, obwohl dazu Gelegenheit gewesen wäre. So 
spricht gerade das mitgeschleppte Detail dafür, daß der episcopus Chraudingus au¬ 
thentisch ist. Ob er nun Klosterbischof im Sinne des irofränkischen Mönchtums 
wie seine Zeitgenossen Gundalbert in Senones, Deodatus in St. Dié, Hildulf (?) in 
467 Gisloaldus als der erste Nachfolger des Bischofs Paulus unterschrieb 634 noch als Archi- 
diakon das Grimo-Testament (Levison, Testament 119; Herrmann, Testament 80). Er 
ist weiter für 643/47 und 662/75 belegt (vgl. o. Anm. 463). Der Nachfolger Gisloalds war 
Gerebert, ist aber nicht datierbar. Dessen Nachfolger Armoinus erscheint 688/89 und 
701/03 urkundlich (Bloch, Urk. St. Vanne I 377 f. ; Vita S. Ansberti, c. 18 MG SS rer. 
Mer. V 631). Daß der 701/02 belegte Archidiakon Anglebertus mit dem Nachfolger des 
Armoin, Agrebertus, identisch sei, ist eine onomastisch nicht zu stützende These von 
Gauthier, Evangélisation 417 f. Der PN-Stamm Agir- ist eine vorwiegend westfränkisch 
belegte Erweiterung zum Stamm Agi- (Kaufmann, Ergänzungen Förstemann 20 f. 23). 
Auch in gotischen und burgundischen Personennamen scheint die Variante Agir- > Ag- 
ri- > Agre- vorzukommen (Gamillscheg, Romania Germanica III 96 f.). Agrebertus und 
seine Nachfolger Bertalamius und Abbo sind nicht datierbar. Bischof Peppo war Zeitge¬ 
nosse des Kampfes zwischen Karl Martell und dem westfränkischen Hausmeier Ragan- 
fred (716/17). Von seinen Nachfolgern Voschisus (<*Volcgis?) und Agroinus will 
Heidrich, Titulatur 110, Anm. 178 den letzteren unter der wohlkorrupten Namensform 
eines die Urkunde Bischofs Widegern von Straßburg für Kloster Murbach im J. 728 un¬ 
terzeichnenden Ardalinus episcopus erkennen, wofür spricht, daß er unmittelbar nach 
dem Graf des Verdungaus, Wulfoald, unterzeichnet. Nach den gegebenen Daten wird 
man Bischof Agrebertus noch ins erste Jahrzehnt des 8. Jhs. setzen müssen. 
468 AA SS Sept. V 517:... decimum septimum supra centesimum annum ..., wobei die abso¬ 
lute Zahl wohl übertrieben ist. 
469 A A SS Sept. V 513 F. 
470 Roussel, Histoire Verdun I 147 f. 
471 Cod. Verdun B. M. 125. 
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