Kultus und Schulwesen absieht85. Im allgemeinen wurden die schulgesetzlichen Reform¬
bestimmungen des Deutschen Reichs oder der Länder im Saargebiet übernommen86. So
entsprach die Verordnung der Regierungskommission über die Aufhebung der geistlichen
Ortsschulinspektion vom 24. 5. 1921 inhaltlich weitestgehend den Bestimmungen des
preußischen Ministerialerlasses vom 27.11.1918 und dem Gesetz vom 18 . 6.19 1 987. Das
Berufsschulrahmengesetz vom 8. Juli 1927 folgte in seinen Ausführungen im wesentli¬
chen dem preußischen Berufsschulgesetz und „wo sie (sic) über dieses Gesetz hinausging,
folgte sie (sic) dem badischen Gesetz“88. Auch die zusätzliche Differenzierung der höheren
Schulen an der Saar Ende der zwanziger Jahre zugunsten der Deutschen Oberschule und
Aufbauschule geschah in Anlehnung an die in Preußen durchgeführte Reform, die dort
unter der maßgeblichen Beteiligung des Ministerialrats Hans Richert im preußischen Kul¬
tusministerium zustandekam.
Das Laufbahnrecht einschließlich Besoldung der Lehrer aller Schularten blieb deutschen
Traditionen angepaßt. Dies wird nicht nur durch die umfassende Gültigkeit der preußi¬
schen Prüfungsordnungen für saarländische Lehrer unterstrichen89, sondern auch durch
die Übernahme der preußischen Volksschullehrerbildungsreform, die der damalige preu¬
ßische Kultusminister Carl Heinrich Becker im Rückgriff auf den Verfassungsauftrag
nach Artikel 143 in Verbindung mit Artikel 10 Reichsverfassung in Anlehnung an das von
Eduard Spranger entwickelte Konzept der Bildnerhochschule in viersemestriger Form
durchsetzte. Wenn auch die Reform der Volksschullehrerbildung keinen institutionellen
Niederschlag in Form der Errichtung einer Pädagogischen Akademie im Saargebiet ge¬
funden hatte und die Akademisierung des Lehrerberufes im Bereich der Volksschule im
Laufe der nationalsozialistischen Herrschaft generell wieder aufgehoben wurde90, so war
für die saarländische Volksschullehrerschaft eine im akademischen Rahmen organisierte
Lehrerbildung auch nach dem Zweiten Weltkrieg ein bleibendes Ziel.91
Ein Charakteristikum des saarländischen Bildungswesens war und blieb seine kirchen¬
freundliche Ausrichtung. Die relativ starke Stellung der Kirchen im Schulbereich erklärt
sich einerseits aus der Beteiligung des Saargebiets an der preußischen bzw. bayerischen
Bildungsgeschichte bis 1918 und andererseits aus der besonders starken konfessionellen
Bindung der saarländischen Bevölkerung, die auch in den Jahren zwischen 1918 und 1945
85 Vgl. hierzu P. Westhoff, S. 172. Siehe auch M. Zenner, Parteien, S. 101.
86 Vgl. P. Zenner, Volksschule.
87 P. Westhoff, S. 172.
88 M. Zenner, Parteien, S. 109.
89 Ebenda, S, 113 f.
90 Im Jahre 1936 wurde in Saarbrücken eine sogenannte Hochschule für Lehrerbildung einge¬
richtet. Sie wurde im Zuge der ersten Evakuierung im Herbst 1939 geschlossen. Im Laufe des
Zweiten Weltkrieges (vom Jahre 1941 an) wurden alle Hochschulen für Lehrerbildung auf Wei¬
sung Hitlers in sogenannte Lehrerbildungsanstalten umgewandelt. Deren Zahl belief sich reichs¬
weit auf 260. Für das Saargebiet kamen nunmehr folgende Einrichtungen in Betracht: Metz-
Montenich (für Jungen), Metz-Moltkestr. (für Mädchen), Kaiserslautern (je eine Anstalt für
Jungen und Mädchen), Speyer (je eine Anstalt für Jungen und Mädchen), Saarburg/Lothringen
(für Jungen), Sierk (für Mädchen), Siersthal/Lothringen (für Mädchen). Die Lehrerbildungsan¬
stalten waren internatsmäßig eingerichtet. Aufnahmeberechtigt waren begabte Volksschüler, die
vom Schulrat für die Lehrerausbildung vorgeschlagen und vorab in sogenannten Ausleselagern
auf den Besuch einer Lehrerbildungsanstalt vorbereitet worden waren. Ein solches Ausleselager
befand sich in Tholey.
91 Vgl. H. Küppers, Kath. Lehrerverband, S. 47 ff.
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