aus Jahren davor. Da es zudem zwischen 1945 und 1950 einen spürbaren Wandel im
Schulischen in Deutschland nicht gegeben hat, können die Stichjahre 1950 und 1951
durchaus als repräsentativ für die Bildungsstrukturen der Nachkriegszeit genommen
werden.
Im Jahre 1951 besuchten im Saarland rund 50000 Schüler die Volksschule in den Jahr¬
gängen 5 bis 873. Dieser Zahl standen zum gleichen Zeitraum 6323 Gymnasiasten und
1205 Mittelschüler der entsprechenden Schuljahre gegenüber74. Rein rechnerisch ergibt
das ein Verhältnis von 86,9 % : 11,0 % : 2,1 %. Für die Bundesrepublik lauteten die ent¬
sprechenden Werte für das Jahr 1950 87,9 % : 9,1 % : 3,0 %75. Die Schülerstatistik zeigt
also, daß sich das allgemeinbildende Schulwesen an der Saar strukturell von dem in der
Bundesrepublik kaum unterschied. Diese Aussage trifft auch auf den sogenannten Stadt-
Land-Gegensatz zu, der hier mit Blick auf die stark unterschiedliche Nachfrage hinsicht¬
lich des Besuchs weiterführender Schulen erwähnt werden muß. Während die Stadt Saar¬
brücken laut Statistik auf 10000 Einwohner 880 Volksschüler zählte, kamen die Land¬
kreise im Schnitt auf etwa 1250 Volksschüler je 10000 Einwohner76. Spürbar war an der
Saar auch das in Deutschland traditionelle Bildungsdefizit der Katholiken. Das Ausmaß
dieses Ungleichgewichts wird deutlich, wenn man die Zahl der Volksschüler mit derje¬
nigen der Oberschüler differenziert nach dem religiösen Bekenntnis gegenüberstellt.
Dieses Verhältnis lautete für die katholischen Schüler 93 : 7 gegenüber 88 : 12 bei den
evangelischen77. Das Bildungsgefälie zwischen Katholiken und Protestanten wurzelte
auch an der Saar zum Teil in der Reserviertheit katholischer Bevölkerungskreise gegen¬
über neuzeitlichen Bildungszielen und die sie tragenden säkularisierten Effizienzauffas¬
sungen. Es speiste sich aber vor allem aus der Tatsache, daß die vorwiegend im urbanen
Süden beheimatete protestantische Einwohnerschaft erheblichen Anteil an jenem Bür¬
gertum im Saarland hatte, das aufgrund seiner auf Rationalität und Leistung bedachten
Verhaltensweisen schon damals Zugang zu den aus humanistischen Idealen und verwelt¬
lichten ethischen Auffassungen geborenen pädagogischen Strömungen der Neuzeit und
ihren Bildungszielen gefunden hatte.
Die Mittelschule konnte im Saarland bis in die Zeit, die hier zur Untersuchung ansteht,
nur bedingt Fuß fassen. Lediglich zwei Schulen dieser Art, beide unmittelbar nach dem Er¬
sten Weltkrieg gegründet und in Saarbrücken beheimatet, existierten im Jahre 1951. Die
relativ geringe Präsenz der Mittelschule im Saargebiet überrascht, wenn man weiß, daß
gerade diese Schulart an der Saar im Zuge des allgemeinen wirtschaftlichen und sozialen
Fortschritts starke Impulse durch die pädagogische Reformbewegung der zwanziger
73 Statistisches Handbuch, Saarland 1955, S. 254. Die damalige Volksschule war in 8 Jahrgängen
gegliedert.
74 Statistisches Handbuch, Saarland 1955, S. 254.
75 Statistisches Handbuch, Bundesrepublik Deutschland 1952, S. 60 ff. Für das Jahr 1951 werden
dort keine Angaben gemacht.
6 Errechnet nach Angaben des Statistischen Handbuchs (Saarland 1952), S, 212. Für die Bundes¬
republik lautet die entsprechende Vergleichszahl 1344. Der Wert für die Landkreise wird hier
sogar mit 1471 angegeben. Statistisches Handbuch (Bundesrepublik Deutschland), S. 60.
1951 gab es im Saarland 86408 katholische Volksschüler und 26473 evangelische. Ihnen
standen 6 147 katholische und 3283 evangelische Gymnasiasten gegenüber. Nach Statistischem
Handbuch (Saarland 1955), S. 255 und S. 257.
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