dene Volksschule, konfessionelle Volksschullehrerbildung, Religion als ordentliches
Lehrfach und ein kirchenfreundliches Elternrecht, das waren die Grundvoraussetzungen
für ein christlich geprägtes Schulrecht, das vom politischen Katholizismus in Deutschland
zwar stets mit Nachdruck gefordert worden war, aber nur in Ausnahmefällen mit ähnli¬
cher Konsequenz wie an der Saar nach 1945 durchsetzbar war. Die Möglichkeit einer kir¬
chennahen Ausrichtung der saarländischen Schule hat den Autonomiegedanken zwar
nicht ausgelöst und getragen, aber dennoch bei den Kräften in Kirche und Staat, denen die
Sicherung der religiösen Erziehung ein übergeordnetes Bildungsziel war, erheblich zu
seiner Stabilisierung beigetragen.
Gleichwohl hat die schulpolitische Kongruenz zwischen Staat und Kirchen die Stellung
Hoffmanns und seiner Freunde nur wenig stärken können. Das lag vor allem daran, daß
die Saarfrage auch von einer kirchenpolitischen Separation her problematisiert wurde, die
insbesondere in den Bestrebungen um ein eigenständiges Saarbistum im Interesse saarlän¬
discher Staatlichkeit sichtbar wurde.
In der Zeit der Militärregierung, als die öffentliche Ordnung noch stark administrativ ge¬
staltet und kontrolliert wurde, und auch in der ihr folgenden Ära zaghaft aufkeimender
saarländischer Staatlichkeit war dem Wirken von Einzelpersonen mehr Raum gegeben als
sonst. Auf dem Bildungssektor war es der aus der Emigration zurückgekehrte Emil Straus,
dem es gelang, in den Jahren von 1946 bis 1951 großen Einfluß zu gewinnen und die prak¬
tische Bildungspolitik maßgeblich zu bestimmen. Seine Person und sein politisches Han-
deln sind zugleich Beispiel für die besondere Bedeutung, die Persönlichkeiten aus der Emi¬
gration in der Geschichte des Saarlandes nach 1945 gespielt haben. Der starke persönliche
Gestaltungswille und die persönliche Verantwortung von Straus als Leiter der saarländi¬
schen Schulverwaltung (1946 - 1947) und als erster Kultusminister des Saarlandes (1947
- 1951) lassen sich insbesondere im Zusammenhang mit der seminaristischen Volks¬
schullehrerbildung, dem französischen Sprachunterricht, der Entnazifizierung der Leh¬
rerschaft, dem Zentralabitur sowie mit dem Aufbau von Fachhochschulen und der Uni¬
versität nachweisen. Obgleich die „Ära Straus“ bildungspolitisch durchaus Erfolge auf¬
zuweisen hat, die Gründung der Universität ist zweifellos ihr besonderer Höhepunkt ge¬
wesen, so wird sie im Saarland dennoch in der Erinnerung bis zum heutigen Tage auch
sehr kritisch gesehen. Diese betonte Distanz hat eine ihrer Hauptwurzeln in der sicher un¬
leugbaren und oft kritisierten Frankophilie von Straus, so daß er selbst bei seinen
Freunden in Verdacht geriet, zu sehr französischen Einflußwünschen nachzugeben. Sie
gründet aber auch in der komplizierten Persönlichkeitsstruktur des ersten saarländischen
Kultusministers, dessen reizbare Natur sich insbesondere dann zeigte, wenn er das von
ihm argwöhnisch gehütete staatliche Bildungsmonopol und seine Interdependenz zu einer
Autonomie des Saarlandes gefährdet sah. Die dadurch entstehenden Spannungen fanden
in dem pauschalen Vorwurf der Kollaboration mit Frankreich eine bequeme, aber so nicht
zutreffende Begründung. Die Aversionen gegen seine Person erschütterten zunehmend
sein Ansehen in der Christlichen Volkspartei, weil er aufgrund eines eher autoritären Re¬
gierungsstils die Erwartungen der Bevölkerung auf pädagogische Selbstbeschränkung des
Staates in Schulfragen enttäuschte. Als Kultusminister ist Straus schließlich am Wider¬
stand seiner eigenen Partei gescheitert. Die ständige Bewegung in der Bildungspolitik,
deren Ursache nicht zuletzt in dem Bemühen von Straus um eine deutsch-französische
Kultursynthese und in seinem mangelnden Gefühl für das politisch Machbare lag, wie es
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