Full text: Bildungspolitik im Saarland

terstrichen wird, daß das öffentlich-rechtliche Bildungswesen an der Saar in den Jahren 
bis 1955 in seinem deutschen Charakter unangetastet blieb. 
Die von Thierfelder entwickelten kulturpolitischen Grundsätze für eine aus seiner Sicht 
erfolgreiche Saarpolitik fügen sich reibungslos in das von Adenauer verfolgte Konzept 
einer behutsamen Lösung der Saarfrage unter europäischem Aspekt ein. Dies wurde, wie 
Repgen nachgewiesen hat, von dem Grundsatz beherrscht, daß Adenauer „bei aller West¬ 
politik die Rücksicht auf die Wiedervereinigung (der Saar mit Deutschland) im Auge“ be¬ 
hielt101, d. h., er zielte auf einen langfristig disponierten Lösungsprozeß mit dem letztend¬ 
lichen Ziel der Rückkehr der Saar nach Deutschland, ohne dabei die Integration Westeu¬ 
ropas gefährden zu wollen. Der in seinem Auftrag entwickelte Entwurf einer kulturpoli¬ 
tischen Allianz zwischen der Bundesrepublik und dem Saarland paßte in diese auf Zeit 
und Geduld angelegte Strategie ebenso wie seine wiederholten Appelle, den deutschen 
Einfluß an der Saar durch Kontaktaufnahme mit den Saarländern aller Richtungen zu 
pflegen oder sein hartnäckig vertretener Standpunkt, daß die Saarfrage erst endgültig im 
Rahmen eines Friedensvertrages geregelt werden könne. Was Adenauer von seinen Kriti¬ 
kern im Grunde unterschied, das war seine Entschlossenheit, die aus Krieg erneut gebo¬ 
rene Saarfrage zu regeln, ohne Frankreich in seiner nationalen Empfindsamkeit zu 
kränken und ohne Hoffmann und seine Freunde, deren Haltung er zwar nicht billigte aber 
doch in ihren Motiven sehr wohl erspürte, einem Scherbengericht auszusetzen, ln seinem 
Willen zum Ausgleich war er trotz scheinbaren Entgegenkommens eigentlich nie in Ge¬ 
fahr, eine endgültige Separation der Saar zu akzeptieren102. Er war überzeugt, daß sich 
101 K. Repgen, Adenauer, S. 83. 
102 In diesem Zusammenhang ist es interessant zu erwähnen, daß Hoffmann auf dem Landespar¬ 
teitag der CVP vom 12. bis 16. Januar 1955 in Saarbrücken für sich eine Übereinstimmung mit 
Adenauer in der großen europäischen Politik reklamierte. Seine Interpretation des Pariser Ab¬ 
kommens über die Saar vom 23. 10. 1954, das nun endgültig die saarländische Eigenstaatlich¬ 
keit, die Wirtschaftsunion mit Frankreich und intakte kulturelle Beziehungen der Saar mit dem 
deutschen Staat garantiert seien, zeigt aber, daß zwischen ihm und Adenauer eine Kongruenz der 
Auffassungen im entferntesten nicht bestanden hat. Stellungnahme Hoffmanns nach Informa¬ 
tionen und Hinweise II/2 des Deutschen Saarbundes vom 16. 1. 1955. Bundesarchiv Koblenz, Z 
Sg. 1, 39/4. 
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