werben und auch erfolgreich personelle und materielle Unterstützung für sie organisieren
können. Darüber hinaus trug seine auf Ausgleich angelegte Wesensart erheblich dazu bei,
daß der Verwaltungsrat, der nicht nur von seiner verfassungsrechtlichen Auftragsbestim¬
mung her, sondern auch wegen seiner Besetzung mit profilierten Politikern und Verwal¬
tungsbeamten ein starkes Gewicht hatte32, die aus den akademischen Mitbestimmungsor¬
ganen der Universität artikulierten Personal- und Finanzwünsche hinreichend gewürdigt
und berücksichtigt hat. Durch das geschmeidige Agieren des Verwaltungsrates wurde das
Wirksamwerden hochschulfremder Interessen auf ein erträgliches Maß beschränkt, so
daß man getrost von einer insgesamt gedeihlichen Atmosphäre akademischen Forschens
und Lehrens an der Saaruniversität bis 1955 sprechen darf. Mit Ablauf des Jahres 1954
hat Donzelot sein Amt als Vorsitzender des Verwaltungsrates aufgeben müssen, weil er
aufgrund seiner Berufung als ständiger Vertreter der französischen Universitäten in den
Vereinigten Staaten zeitlich derart in Anspruch genommen wurde, daß er für Saarbrücken
nur noch schwer abkömmlich war. Nachfolger Donzelots wurde nach einer Absprache
zwischen der saarländischen Regierung und Grandval der inzwischen zum saarländischen
Gesandten in Paris ernannte Emil Straus33, der allerdings in dieser Funktion bis zum Ok¬
tober 1955 nur zweimal auftreten konnte.
Da der Verwaltungsrat in der Regel nur dreimal im Jahr tagte, entwickelte sich sein Exe¬
kutivorgan, der Direktionsausschuß, zwangsläufig zu einem Machtzentrum, das es ei¬
gentlich nach der Hochschulverfassung nicht sein durfte34. Auch darin lag, so überra¬
schend diese Mitteilung auch im Augenblick klingen mag, ein wichtiges Moment für den
relativ hohen Grad an akademischer Selbstverwirklichung. Der Grund ist vor allem darin
zu sehen, daß es dem Vertreter des saarländischen Kultusministeriums, Hans Groh, ge¬
lang, hier eine dominierende Rolle zu übernehmen35. Groh war aber auch der Mann, der
im Laufe der Jahre personalpolitisch immer enger mit den Fakultäten paktierte. Faktisch
wurde damit eine Berufungspraxis Usus, wie sie auch an deutschen Universitäten üblich
war36. Daß dieses Einvernehmen durch restriktive kulturpolitische Maßnahmen der Bun¬
desrepublik zusätzlich Auftrieb erhielt, sei hier nur angemerkt, da auf diese Thematik
später noch näher eingegangen werden soll.
Neben dem Direktionsausschuß profitierte auch, wie oben bereits angedeutet, das Rek¬
torat von der „Universitätsferne“ des Verwaltungsrates. Dennoch konnte man nicht er¬
warten, daß sich das Amt des Rektors unbedingt zu einer ebenbürtigen Instanz neben dem
Verwaltungsrat etablieren würde. Daß es dazu aber doch kam, dafür war wohl die
32 Vgl. dazu Anm. 15 auf S. 211.
33 Vgl. dazu den Durchschlag eines von Groh Unterzeichneten Schreibens an Grandval vom 12. 2.
1954. LA Saarbrücken, Bestand KM, Abt. Hochschulen, UIS Universitätsrat und Verwal¬
tungsrat 1954 — 1955.
34 Interview P. Woelfflin vom 27. 11. 1976.
35 Langjährige Mitglieder des Direktionsausschusses waren über den Genannten hinaus P. Leisten¬
schneider vom Finanzministerium sowie Mademoiselle Laumont (Finanzreferentin) und Fran¬
çois Leger (Kultusabteilung) von der Mission Diplomatique. Seitens der Hochschule kam neben
dem Rektor noch der Prorektor Gottfried Koller dazu. Vorübergehend engagiert im Direktions¬
ausschuß waren P. Woelfflin und Schang von der Mission Diplomatique.
36 Ausgenommen davon blieben lediglich die französischen Professoren, die von der Regierung in
Paris an die Saaruniversität befristet abgeordnet wurden. Ihre Ernennung erfolgte dann durch
den Verwaltungsrat, der vor einer Abordnung seine Zustimmung zu erteilen hatte. Vom Jahre
1953 an gingen die Personalvorschläge für die französischen Professoren ebenfalls von den Fa¬
kultäten aus.
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