Full text: Bildungspolitik im Saarland

Entente war das Berufspädagogische Institut an der Universität des Saarlandes, mit dessen 
Gründung am 17. 12. 1949 das bisher mannigfaltige Bild der Gewerbelehrerausbildung 
allmählich in eine grundsätzlich akademisch strukturierte220 kanalisiert werden 
konnte221. Allerdings blieb die Laufbahn des Berufsschullehrers für Abiturienten vorerst 
wenig attraktiv, da sie in der Regel einen 6- bis 8 jährigen Ausbildungsweg in Kauf nehmen 
mußten. So entschieden sich von den 253 saarländischen Gymnasiasten, die im Jahre 
1952 ihr Reifezeugnis erhielten, nur zwei für den Beruf eines Gewerbelehrers. Dieser ge¬ 
ringe Zuspruch war übrigens mitverantwortlich dafür, daß im Saarland bis zum Jahre 
1957 ein größerer Mangel an qualifizierten Berufsschullehrern spürbar war als in der 
Bundesrepublik. Er machte sich insbesondere in den Fachklassen Metall, Holz und Bau¬ 
gewerbe bemerkbar222. 
In organisatorischer Hinsicht entwickelte sich die saarländische Berufsschule kaum an¬ 
ders als in der Bundesrepublik. Sowohl die vielgestaltige Ausformung dieses Bildungsbe¬ 
reichs in einen teilzeitorientierten Sektor der Berufs- und Berufsfachschulen und einen 
vollzeitig arbeitenden Bereich der Fachschulen, als auch seine Gliederung in einzelne 
Zweige wie den des Bergbaulichen, des Gewerblich-Technischen, des Kaufmännischen, 
des Hauswirtschaftlich-Sozialpflegerischen und des Landwirtschaftlichen geschah hier 
sogar zeitlich eher als in den meisten Ländern der Bundesrepublik. Eine besondere Stärke 
der saarländischen Berufsschule, sie verdankt sie der bereits erwähnten bildungspoliti¬ 
schen Koalition von sozialem Katholizismus, Sozialdemokratie und Gewerkschaften, war 
ihr breites Angebot im Fortbildungsbereich, vor allem im Kaufmännischen und Techni¬ 
schen223. Dies hat erheblich dazu beigetragen, daß die saarländische Berufsschule in der 
Nachkriegszeit bald in einem besseren Leistungslicht dastand als das Berufsschulwesen 
im Bundesgebiet. Im Jahre 1951, also zur Zeit des Abgangs von Straus, kamen im Saar- 
220 Im Jahre 1950 waren noch 3 verschiedene Werdegänge als Berufsschullehrer möglich: 1. Abitur, 
mindestens 2jährige Berufspraxis, 6semestriges Fachstudium, sechs Semester Lehrerausbildung 
(z. B. Berufspädagogisches Institut); 2. Mittlere Reife, mindestens 3 Jahre Berufspraxis, 6seme- 
striges Fachstudium an einer Ingenieur-, Bau oder Kunstschule, sechs Semester Lehrerausbil¬ 
dung; 3. Direkter Zugang aus der Berufspraxis und eine durch eine Sonderprüfung nachgewie¬ 
sene Leistung, die den unter 1) und 2) beschriebenen gleichwertig war. 
221 Direktor des Berufspädagogischen Instituts wurde Eric-Jean Teich, als früherer Handelsschul¬ 
lehrer ein ehemaliger Kollege von Straus. Hauptberuflich blieb Teich außerordentlicher Pro¬ 
fessor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Saarbrücken. Hauptamtliche Dozenten des 
Instituts waren bis zum Jahre 1952 lediglich Dr. Weber, vorher Direktor der Gewerblichen Be¬ 
rufsschule Sulzbach, und Regierungsdirektor Dr. Ludwig Jung, den Straus im Januar 1946 aus 
seinem Amt als Leiter der Saarbrücker Schulbehörde verdrängt hatte. Im Jahre 1951 hatte das 
Institut 48 Studierende, 40 für das Gewerbelehreramt und 8 für das Handelsschullehreramt. 
Nach Bericht des Berufspädagogischen Instituts über das Studienjahr 1951/52. LA Saarbrücken, 
Bestand KM, Abt. Hochschulen, V/Vl - UIS — Berufspädagogisches Institut. Bis zum Jahre 1955 
erhöhte sich die Zahl auf 117, davon 86 für das Lehramt an einer gewerblichen Berufsschule und 
31 für das Lehramt an einer Handelsschule. 
222 Nach Schreiben des Ministeriums für Arbeit und Wohlfahrt - A/ld -6104— an den Ministerrat 
vom 25. 6. 1953. LA Saarbrücken, Bestand der Staatskanzlei, Akten des Ministerpräsidenten Nr. 
1064. 
223 Angemerkt sei in diesem Zusammenhang die Gründung der sogenannten Akademie der Arbeit 
im Jahre 1951, eine gewerkschaftlich geprägte Bildungsanstalt für Erwachsene, die es sich zur 
Aufgabe machte, ihren Hörern einen Einblick in Wirtschaft und Verwaltung zu vermitteln und 
sie auf wirtschafts-, sozialwissenschaftlichen und arbeitsrechtlichen Gebieten zu bilden. Zitiert 
nach einem Werbeblatt der Anstalt aus dem Jahre 1953. Darüber hinaus erhielt das Saarland im 
Jahre 1953 eine Wirtschaftsoberschule, die mit dem sogenannten Wirtschaftsabitur abschloß. 
Erwähnt sei auch die im Jahre 1948 entstandene Technische Abendschule. Näheres dazu bei K. 
Bernhard. 
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