sungsfrage zurückhaltend zu operieren. Die Beratungsrunde folgte dieser Empfehlung
und faßte darauf den Beschluß, die Verfassungskommission zu bitten, die Artikel über
Schule und Kirche getrennt einem Volksentscheid vorzulegen. Der Beschluß wurde gleich
formuliert und vom ältesten Dechanten, Geistlichen Rat HeldU6, gleich dem Vorsit¬
zenden der Verfassungskommission, Herrn Hofmann (!), übergeben136 137. Vielleicht war
sich die Mehrheit der Anwesenden bewußt, daß sie sich im Grunde nur auf einen dilato¬
rischen Formalkompromiß geeinigt hatten; denn der a priori feststehende gemeinsame
Wunsch nach einer christlich geprägten öffentlichen Bildungsstruktur berührte die vom
Saarklerus unterschiedlich beurteilte Verfassungsfrage und die mit ihr zusammenhän¬
gende Separationsproblematik nur indirekt. Ausschlaggebend für den Verzicht auf einen
direkten und offenen Widerstand gegen die Separation im Spätsommer 1947 dürfte vor
ailem die Erkenntnis gewesen sein, daß dann möglicherweise die aus katholischer Sicht
vorteilhaft geregelte Schulfrage gefährdet gewesen wäre. Zu dieser Vermutung muß auch
die Militärregierung gelangt sein, wenn sie im unmittelbaren Vorfeld zur alles entschei¬
denden Landtagswahl vom 5. Oktober 1947 intern mitteilen ließ, daß der Trierer Bischof
dans la campagne électorale a surpris de nombreux catholiques. One estime généralement
dans les milieux chrétiens que la position prise par le CVP sur la question de l’école con-
fessionelle a été la raison principale de ce silence, ainsi que, peut-être, la conclusion d’un
accord secret entre le leader Hoffmann et le prélat138.
Auf Dauer ließ sich die Spaltung der saarländischen Dechanten in zwei Lager jedoch nicht
verdecken. Das eine akzeptierte ohne nennenswerte Vorbehalte um den Vorteil einer
christlich geprägten Staats- und Gesellschaftsordnung willen die von Frankreich erwar¬
tete und von Hoffmann praktizierte Taktik, Separationsfrage und das gesamte Verfas¬
sungsrecht zu einer Entscheidung zu verbinden, das andere Lager, sicherlich die Mehrheit,
wollte aber auch nach den Entscheidungen des Jahres 1947 weiterhin, wie es der Saar¬
brücker Stadtdechant Augustinus Braun später in der schon oft zitierten Erklärung der
saarländischen Dechanten vom 16. März 1950 erläutert hat, daß die Entscheidung für die
christlichen Anliegen der konfessionellen Schule, der Rechte und Freiheiten der Kirche
und des kirchlichen Lebens von den politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen ab¬
getrennt und einer besonderen Befragung unterstellt würde139. Wie stark diese Forderung
nach gesonderten Plebisziten jeweils national motiviert war, darüber kann man im
Grunde nur mutmaßen. Die Erklärung aus dem Jahre 1950 gibt in ihrer inhaltlichen Ge¬
samtaussage für solche Hintergründe ebenso Anhaltspunkte wie auch ihre Begründung
durch Dechant Braun. Sie solle nämlich, so Braun in seinem Begleitschreiben an Hoff¬
mann, heute und späterhin belastende Vorwürfe von unserer heiligen Kirche fern¬
halten140. Dagegen hat die starke Besorgnis des saarländischen Klerus über die Gefahr
136 Dechant von Siersburg.
137 B A Trier, Abt. 105, Chronik 1947, S. 61.
138 Nach dem Bericht (Renseignements généraux) der Militärregierung für die Monate August bis
Oktober 1947. LA Saarbrücken, Bestand Handelsamt Saar Nr. 11,
139 Erklärung der saarländischen Dechantenkonferenz vom 16.3.1950. Die Erklärung wurde Hoff¬
mann durch Braun mit Schreiben vom 26. März 1950 übermittelt. In diesem ist vermerkt, daß
an einer Veröffentlichung unsererseits in der Presse nicht gedacht sei. BA Trier, Abteilung 59, Nr.
64.
140 Begleitendes Schreiben zur Erklärung der saarländischen Dechanten von Braun an Hoffmann
vom 26. 3. 1950. BA Trier, Abteilung 59, Nr. 64.
161