auch die personalpolitische Situation bis zum Jahre 1950 zu einem höchst delikaten Pro¬
blem. Nach Auskunft des vertraulichen Reports an die CVP-Fraktion lehrten im Sommer
1948 in der medizinischen Fakultät nur noch die Chefärzte des Homburger Landeskran¬
kenhauses und einige nichthabilitierte französische Dozenten. Professoren aus Nancy, die
bis zum Frühjahr 1948 tätig gewesen waren, hatten sich inzwischen wegen der doch sehr
beschwerlichen Anreise und vor allem wegen der auf Sprachprobleme zurückzufüh¬
renden Studienbeschwernisse von ihren Lehrverpflichtungen im Saarland zurückge¬
zogen. Mit Blick auf die juristische Fakultät spricht der Bericht von einem den beschei¬
denen Bedürfnissen genügender (sic) Lehrkörper der sich insofern als ausreichend er¬
wies, als ein besonderes Studiensystem propagiert wurde, das allerdings nach menschli¬
chem Ermessen weder für saarländische noch für französische noch für deutsche An¬
sprüche ausreichen dürfte. Ähnlich kritisierte das Informationspapier die personale Lage
in der philosophischen und naturwissenschaftlichen Fakultät. Wie beklagenswert die Stu¬
dienbedingungen insgesamt waren, wird in dem Eingeständnis des Reports deutlich, daß
die juristische und philosophische Fakultät noch nicht einmal über Bibliotheken verfügen
könnten337. In Anbetracht dieser äußerst prekären Lage war es für die saarländische Re¬
gierung natürlich sehr schwer, geeignete deutsche Professoren nach Saarbrücken zu
holen338 339, um, wie Groh es formulierte, die Uni nicht zu sehr zu französisierenii9. Den per¬
sonalpolitischen Interessen standen zudem noch der politische Hintergrund der Universi¬
tätsgründung und das Problem der Entnazifizierung der deutschen Hochschullehrer¬
schaft entgegen. Der erste namhafte deutsche Professor, der für Saarbrücken gewonnen
werden konnte, war der Bonner Germanist und Mystikforscher Josef Quint340. Er kam
schon 1948 an die Saar und hat seine Berufung gar nicht so als Politikum gesehen341. Da¬
gegen scheiterten die aussichtsreichen Verhandlungen mit dem Nobelpreisträger für
Chemie, Adolf Butenandt, der ebenso wie Quint schon im Jahre 1948 nach Saarbrücken
kommen wollte, an den noch völlig unzureichenden Lehr- und Forschungsbedingungen
der neuen Universität342.
Dabei mangelte es nicht an Geld. Schon im Jahre 1949 beliefen sich die ordentlichen und
außerordentlichen Einnahmen der Universität auf rund 291 Millionen ffrs, ein Betrag,
der, umgerechnet auf den damals gültigen Kurs von 1 DM zu 81,70 ffrs, etwa 3,6 Mil-
337 Nach Bericht an die CVP-Fraktion (siehe Anm. vorher), S. 3 ff.
338 Das saarländische Kultusministerium bemühte sich u. a. vergeblich um die Rechtswissen¬
schaftler Hans Lewald (Basel), Adolf Schnitzler (Paris), Max Gutzwiller (Fribourg/Schweiz), den
Religionsphilosophen Romano Guardini (Tübingen), den Angelisten Hans Gallinsky (Tü¬
bingen), die Historiker Alfred Heuß (Göttingen) und Eugen Ewig (Mainz), den Pädagogen
Theodor Litt (Bonn) und den Theologen Johann Peter Steifes (Münster). Vgl. dazu Briefentwürfe
vom 26. 7., 19. 8. und 30. 10. 1947. LA Saarbrücken, Bestand KM, Abt. Hochschulen, UIS— 1
- (Einrichtung einer Rechtsfakultät). Briefentwürfe vom 3. 6. und 5. 6. 1948. LA Saarbrücken,
Bestand KM, Abt. Hochschulen, UIS - 3 -.
339 Interview J. V. Wagner mit H. Groh am 2. Juni 1966, S. 2. Universitätsbibliothek Saarbrücken,
Sammlung J. V. Wagner.
340 An Leben und Werk des im Jahre 1976 verstorbenen Quint erinnert der Nachruf von A. M.
Haas.
341 Interview J. V. Wagner mit H. Groh am 2. Juni 1966, S. 2. Universitätsbibliothek Saarbrücken,
Sammlung J. V. Wagner.
342 Ebenda, S. 2.
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